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Kaufe unter Wert

Ein Gespräch mit Vermögensverwalter und Youtuber Moritz Hessel, wie man gute Aktien findet - und der BlingBling-Report Januar 25.

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BlingBling ist ein großer Freund des geschriebenen Wortes. Der Leser kann so selbst bestimmen, wie schnell und konzentriert er die Informationen aufnehmen möchte. Der Autor hat sich bereits die Arbeit gemacht, die Informationen zu verdichten und auf das Wesentlich zu kondensieren. Immer wieder aber fragen Leser nach, ob nicht auch Podcasts und Videos möglich wären. Hier also eine Art Testballon. Moritz Hessel betreibt einen sehenswerten Aktien-Kanal auf Youtube. Mit ihm habe ich über Anlage-Strategien gesprochen. Das Interview gibt es ungeschnitten hier zu sehen, und weiter unten gleich nochmals als redigiertes Transkript. Schreibt gerne, ob ihr in Zukunft mehr solche Videos sehen möchtet:

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Hi Moritz, Du hast eine eigene Vermögensverwaltung und betreibst seit einiger Zeit einen Youtube-Kanal sowohl für erfahrene als auch neue Aktienanleger - worum geht es da?

Zunächst mal, was uns abgrenzt von anderen, ist, dass wir einen Long-/Short-Ansatz haben. Das heißt, wir setzen sowohl auf steigende als auch fallende Kurse. Ansonsten sprechen wir über alles, was wir spannend finden und stellen Aktien vor. Mittlerweile hat sich daraus eine engagierte Community entwickelt. Das Wissen über Aktienanlage ist in Deutschland leider noch immer sehr gering im Vergleich zu den USA, Großbritannien, aber auch der Schweiz, wo ich seit fünf Jahren leben. Wer sich aber nur auf die gesetzliche Rente verlässt, wird seinen Lebensstandard im Alter kaum halten können.

Ihr beschäftigt Euch ja auch mit der makroökonomischen Situation. Nun liefen Aktien 2024 extrem gut. Wo stehen wir gerade?

Man sollte schon vorsichtiger werden. Wir hatten in den letzten zwei Jahren zum Teil eine Steigerung von 85 Prozent seit den Tiefs. Historisch gesehen machen Aktienmärkte eine Rendite von sieben bis zwölf Prozent im Jahr. Wir hatten jetzt über einen längeren Zeitraum 20 Prozent im Gesamtmarkt. Vor allem die Privatanleger sind aktuell sehr optimistisch. Wir hatten mit unserem Long-/Short-Ansatze eine Rendite von 30 Prozent im Jahr. Dafür wurde Dir früher der rote Teppich ausgerollt. Heute lächeln Crypto-Investoren nur müde. Aber genau darin liegt eben auch eine große Gefahr. Wenn Aktien günstig sind, will sie niemand haben. Als Meta zum Beispiel vor zwei Jahren bei 100 Dollar stand, sagte jeder, Zuckerberg ist ein Idiot und hat die Kontrolle verloren. Heute läuft er topgestyled herum und Meta steht bei 600 Dollar.

Wenn Privatanleger im Risk-On-Modus sind, und institutionelle Investoren vorsichtig werden, ist das für mich eher ein Zeichen, dass es Zeit ist, umzuschichten. Das heißt jetzt nicht, dass ich einen großen Crash erwarte. Aber manche Segmente wie Technologie sind schon sehr heißgelaufen. Konsumgüterhersteller sind eher günstig. Im Prinzip geht es immer um die Frage: Wie sieht die Welt in 18 Monaten aus?

Und dann gibt es aber auch immer wieder Aktien, die als überbewertet gelten, wie zum Beispiel Palantir, und trotzdem immer weiter steigen. Wie definiert ihr Wert?

Dieses Phänomen lässt sich aktuell tatsächlich oft beobachten. Es geht nicht mehr um die Bewertung, sondern nur noch darum, ob ein Unternehmen Erwartungen übertrifft. Unternehmen wie Palantir werden für das hundertfache ihres Umsatzes gehandelt. Das kann nicht lange gut gehen. Wir glauben an die Mittelwertrückkehr (Mean Reversion). An der Börse gibt es einen fairen Wert und dann eben Über- und Untertreibungen. Deshalb gibt es immer viele Punkte zu betrachten: Wie hat sich die Aktie während des letzten Crashs verhalten? Wie haben sich die Gewinne entwickelt? Wie stark ist ein Unternehmen von Konjunkturzyklen abhängig? Und in welche Bereiche wächst eine Firma hinein? Natürlich haben Unternehmen auch einen klaren Wert, das sogenannte Kurs-Buch-Verhältnis. Aber das sieht bei einem Immobilien-Unternehmen ganz anders aus als bei einer Software-Firma, deren Werte weniger in materiellen Anlagen liegen. All das gilt es zu beobachten und einzuschätzen. Nimm zum Beispiel Amazon - eine Aktie, die ich seit zwölf Jahren habe. Die hatten immer ein sehr hohes Kurs-Gewinn-Verhältnis. Das lag aber auch daran, dass sie alle Gewinne immer sofort investierten.

Makrokökonomie spielt natürlich auch eine große Rolle, nur finde ich das schwer vorherzusagen. Wer hätte vor fünf Jahren gedacht, dass wir keine 1000 Kilometer von Deutschland entfernt einen Krieg haben? Oder dass die Inflation auf zehn Prozent steigt, und Donald Trump nochmals Präsident wird? Trotzdem stehen die Börsen heute auf einem Allzeithoch. Wir versuchen deswegen, diese Faktoren eher auszublenden, und konzentrieren uns auf Unternehmen.

Das klingt nach Warren Buffett. Ist er ein Vorbild?

Ich würde sagen, dass das sogenannte “Value-Investing” eigentlich die Definition von Investieren ist. Das kann nicht aus der Mode kommen. Man kauft etwas unter Wert.

Aber nochmals die Frage: Wie bestimmt ihr Wert? Nimmt man einfach das Zehnfache des Umsatzes als Richtwert?

Das ist für ein Einzelhändler wie Walmart zum Beispiel nach wie vor ein guter Richtwert. Aber es hängt auch davon ab, wie stark ein Unternehmen wächst, wie gut sie in der Digitalisierung aufgestellt sind, und so weiter. Wir entwickeln immer Best-, Normal- und Worst-Case-Szenarien und leiten daraus einen möglichen Gewinn ab. Das muss man mit dem Risiko vergleichen. Wasserstoff-Aktien gelten alle als potenzielle Ten-Bagger. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie pleitegehen, ist ebenso hoch - siehe Lilium. Deutsche Automobil-Aktien sind derzeit sehr günstig - für das Drei- oder Vierfache des Gewinns. Aber das Risiko ist eben auch groß, dass sich deren Gewinn in den kommenden Jahren nochmals halbiert. Nur weil etwas jetzt günstig ist, heißt das nicht, dass es in ein paar Jahren noch viel billiger ist.

Viele Leser von BlingBling sind “Sound-Money-Fans”, das heißt, sie setzen auf Gold und Bitcoin, die eine immer weiter steigende Geldmenge abbilden. Buffett nannte Gold mal ein “shiny pet rock” und Bitcoin “Rattengift”, weil sie keine Gewinne abwerfen. Wie stehst Du dazu?

Für mich ist eine Frage der Gewichtung. Ich persönlich tue mir schwer damit, den fairen Wert von Bitcoin einzuschätzen. Trotzdem möchte ich dabei sein, sollte das nochmals auf eine Million Dollar steigen. Deswegen investiere ich ungefähr ein Prozent meines Vermögens darin. Damit habe ich eine Optionalität - wenn es klappt, bin ich gerne dabei. Sollte es verschwinden, kann ich den Verlust verschmerzen. Für mein Leben ändert sich dann nichts.

Insgesamt aber bin ich bullish wegen zweier Faktoren: Bitcoin wurde als Rohstoff anerkannt und die Zulassung der ETFs haben es der breiten Masse zugänglich gemacht. Ähnlich ist es mit Gold: Seit dem Jahr 2000 hat der Euro rund 80 Prozent abgewertet, Gold aber jährlich 12 Prozent Rendite gemacht. Das hat seinen Platz in einem Depot.

Wichtig ist außerdem für mich, flexibel zu bleiben und auch einzugestehen, wenn man falsch liegt. Nicht versuchen, Recht zu behalten, ist eines der wichtigsten Dinge beim Investieren. Das ist auch das Problem vieler “Crash-Propheten”. Die predigen seit 15 Jahrenden Zusammenbruch des Finanzsystems - währenddessen aber haben sich die Indizes aber verdreifacht.

Euer Kanal macht auch einen bodenständigen Eindruck. Wenn man als Neuling aber auf Youtube nach Finanzen sucht, findet man unglaublich viel Mist. Was wäre Dein Tipp? Worauf sollte man achten?

Eines der wichtigsten Punkte sind Anreizsysteme. Viele Fondsmanager und Youtuber investieren ihr eigenes Geld völlig anders als das ihrer Kunden. Jemand sollte also “Skin in the Game” haben. Zudem mag ich Leute, die am Markt aktiv sind, und nicht von Vorträgen und damit immer steileren Thesen leben. Noch schlimmer als Crash-Propheten sind Coaches, die Aktien und Börse nur als Vorwand nehmen, um ihren Lifestyle zu verkaufen. Jemand, der behauptet: “Ich zeige Dir, wie Du aus 5000 Euro eine Million machst,!” und dann mit Lambo durch Dubai brettert, ist mit Sicherheit unseriös - genauso wie Leute, die ständig vor dem Crash warnen und am liebsten auf die Arche Noah einsteigen.

Noch eine persönliche Frage: Du hast lange mit dem schillernden Investor Florian Homm gearbeitet. Wie kam es dazu?

Ich hatte ihn vor zehn oder zwölf Jahren in einer Talkshow gesehen und fand ihn sehr faszinierend - trotz der Anschuldigungen. Er war damals gerade aus der Untersuchungshaft entlassen worden, und im deutschsprachigen Raum gab es niemanden wie ihn. Er hatte eine Ausbildung beim Starinvestor Peter Lynch vom Magellan Fund. Ich habe ihn dann immer wieder angeschrieben, aber nie eine Antwort erhalten. Irgendwann war ich auf einem Vortrag von ihm und habe ihm angeboten, ein Jahr umsonst für ihn zu arbeiten. Schließlich sagte er zu. Nach zehn Monaten kostenloser Arbeit bin ich bei ihm eingestiegen und habe bald das operative Geschäft geleitet. Das waren so sechs Jahre. 2022 wollte ich dann mein eigenes Unternehmen gründen.

Wie war die Zeit?

Sehr fordernd, so 80er Jahre Wallstreet. Wir haben locker 100 Stunden in der Woche gearbeitet. Das ging morgens so am frühen Vormittag los und ging bis drei, vier Uhr Nachts. Meine Höhepunkte waren manchmal ein kurzer Einkauf im Supermarkt. Die Lernkurse war natürlich sehr steil, aber man kann das auch nur eine bestimmte Zeit lang machen.

Worin bestand die Arbeit?

Wir wollten wirklich eine Branche von Grund auf verstehen. Wenn es zum Beispiel um Elektromobilität ging, haben mir mit Zulieferern, Herstellern, Verkäufern, Kunden gesprochen. Wir wollten so viele Quellen wie möglich anzapfen - so nach dem Motto “Je mehr Steine man umdreht, desto eher findet man was”. Das Faszinierende an dem Geschäft ist ja auch, dass man in viele Gebiete eintauchen kann.

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