Ein unendliches Spiel
China und die USA befinden sich seit acht Jahren in einem Wirtschaftskrieg. Wie ein Frieden aussehen kann, und warum die Geldschleusen bald aufgehen werden
Liebe Abonnenten,
am Montag wird Donald Trump als Präsident vereidigt. Vielen Leuten macht das Angst, andere setzen ihre Hoffnungen auf ihn. BlingBling gehört eher zur zweiten Gruppe. Trump ist erratisch, aber pragmatisch, unberechenbar, aber unideologisch. Deswegen könnte er auch den seit acht Jahren schwelenden Konflikt zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt, China und den USA entspannen. Wie das aussehen kann, darüber geht dieser Text. Er beruht auf einem Kapitel aus meinem aktuellen Buch: “Der chinesische (Alb-)Traum - wie China zur größten geopolitischen Herausforderung des Westens wurde”.
“Das Spiel ist unendlich”,
sagte zu mir ein Politiker der größten Oppositionspartei KMT in Taipeh im vergangenen Herbst. Es gehe nicht darum, Recht zu behalten, sondern zu überleben, also einen Krieg mit China zu vermeiden.
Fast scheint es, als würden alle großen Blöcke nochmals ihren Einsatz erhöhen wollen, bevor es zum großen Showdown kommt. Während der designierte US-Präsident Donald Trump mit Zöllen in Höhe von 60 Prozent auf chinesische Waren droht, kontert China mit einem Exportüberschuss in Rekordhöhe: 2024 exportierte die Volksrepublik Waren im Wert von 3,6 Billionen US-Dollar - 5,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Da die Importe nur um 1,1 Prozent zulegten, kann Peking nun einen Überschuss von einer Billion Dollar vorweisen.
Natürlich lässt sich ein solcher Überschuss nicht per Knopfdruck steuern. Er weist aber nochmals überdeutlich auf die geostrategische Konfliktlage hin, die zu lösen eine große Aufgabe für die neue Trump-Administration sein wird. Denn günstige Exporte aus China, das war einst das Thema, mit dem Donald Trump seinen ersten Wahlkampf 2016 bestritt. Spätestens seit Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation 2001 wuchsen zwischen den beiden heute größten Volkswirtschaften der Welt die Ungleichgewichte, welches sich grob wie folgt zusammen lässt: China produziert, Amerika konsumiert. Anfangs waren für beide Ökonomien die Vorteile noch überdeutlich. Während die chinesische Wirtschaft wuchs, und sich immer mehr Chinesen aus bitterer Armut herausarbeiteten, wurden für den amerikanischen Konsumenten die Produkte billiger. Mit den Jahren aber wurde aus dem Win-Win-Verhältnis ein Win-Lose: Immer mehr amerikanische Unternehmen konnten mit der billigeren Konkurrenz aus China nicht mithalten - sie gingen pleite oder wanderten ab. Die Produkte im Supermarkt wurden für Millionen von Amerikanern zwar immer billiger (mit dem Nebeneffekt, dass sich die Geldmenge erhöhen ließ, ohne dass dies als Inflation für die unteren Bevölkerungsschichten bemerkbar wurde). Das half nur nicht mehr, weil es keine Jobs mehr gab. Übrigens erzählt die Autobiographie des designierten Vize-Präsidenten J.D. Vance, „Hillbilly Elegy“, von den mitunter von diesen Entwicklungen verursachten Misere im amerikanischen Rust Belt.
In seiner ersten Amtszeit setzte Donald Trump auf Zölle, um dieses wachsende Ungleichgewicht zu stabilisieren. Chinesische Waren wurden künstlich für insgesamt 360 Milliarden Dollar verteuert.
Die Biden-Administration setzte mit dem „Chips Act“ noch eins drauf: Die Verordnung hat zum Ziel, China von modernster Halbleiter-Technologie abzuschneiden und so zumindest den technologischen Aufstieg Chinas zu bremsen.
Peking suchte sich andere Absatzmärkte. Die „Neue Seidenstraße“ oder „Belt&Road-Initiative“ hatte auch das Ziel, Volkswirtschaften in Asien, Afrika und Lateinamerika für chinesische Waren zu erschließen. Wie erfolgreich diese Strategie war, hängt von der Betrachtungsweise ab: China ist heute der wichtigste Handelspartner für über 120 Länder, und hat damit die USA längst überholt. Gleichzeitig sind beide Volkswirtschaften jeweils für einander die wichtigsten Handelspartner. „ChinAmerica“ wie man die Verflechtung nennt, besteht nach wie vor.
Vor Kurzem war bei Fabian Kretzschmer und seinem sehr zu empfehlenden Podcast “Beijing Briefing” zu Gast. Es ging um mein neues Buch und die verruchten 2010er Jahre in Shanghai:
Außerdem ist eine neue Folge unserer Podcasts „Weltanschauung“ ist online! Sven Gerst und ich sprechen dabei über unsere Prognosen 2025: Frieden, Bitcoin-ATH und die Rückkehr des gepflegten Daydrinkings!
Innerhalb der EU wunderte man sich unter Trump 1 noch sehr über die neue Anti-Globalisierungsstimmung aus den USA - schließlich hatte allen voran die deutsche Autoindustrie vom Aufstieg Chinas profitiert. Auch italienische und französische Luxushersteller verdienten gut an und mit den neureichen Chinesen. 2024 aber bekam die EU auch die Schattenseiten des chinesischen Aufstiegs zu spüren: Auf einmal drohten chinesische Elektroautos den heimischen Markt zu überschwemmen. Zölle, gerne mit dem Präfix „Schutz“ oder „Straf“ versehen, wurden zum geflügelten Wort in der EU-Bürokratie.
Eine Woche vor Trumps Vereidigung also stehen sich beide Blöcke nochmals in aufpolierter Rüstung gegenüber: Auf der einen Seite China als Exportgigant, auf der anderen dessen wichtigster Markt und Technologielieferant.
Einen Lösungsweg könnte die Vergangenheit bieten: in den 1980er Jahren hatten die USA schon einmal das Problem mit einer asiatischen Exportmacht. Damals überschwemmten japanische Waren den amerikanischen Markt. Gelöst wurde das aus amerikanischer Sicht „japanische Problem“ durch ein Abkommen: Am 22. September 1985 trafen sich Vertreter der fünf führenden Industrienationen im Plaza Hotel in New York City. Im „Plaza Accord“ einigten sich insbesondere Japan und Westdeutschland darauf, ihre Währungen zum US-Dollar aufzuwerten. Japanische Waren wurden somit teurer, amerikanische günstiger. Der japanische (und westdeutsche) Exportboom wurde somit gebremst, setzte aber auch Anreize für diese Unternehmen in den USA zu investieren. In Japan gab das Abkommen Anstoß für Strukturreformen, und eine Stärkung des Binnenmarktes. All dies täte der Volksrepublik aktuell auch gut. Bleibt die Taiwan-Frage. Auch hier könnte die Geschichte Leitfaden sein: Deng Xiaoping hatte sich Ende der 1970er Jahre mit der damals noch diktatorisch regierenden KMT-Führung Taiwans darauf geeinigt, die Klärung der Taiwan-Frage zukünftigen Generationen zu überlassen.
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