Sam Bankrun-Fraud
Der Krypto-Markt implodiert. Ein Update zur hoch dynamischen Situation von FTX, Alameda, Binance und Tether. Und: was jetzt zu tun ist.
Analystin Lyn Alden verglich das FTX-Debakel auf Twitter folgendermaßen: „Stellen Sie sich vor, McDonalds gibt sein eigenes Geld in Form von Clown Bucks aus, verkauft einen Teil davon auf dem Markt. Den Rest der Clown Bucks benutzt es als Sicherheit für Kredite. Und dann erinnern sich die Leute daran, dass Clown Bucks gar nicht echt sind… Und dann taucht auch noch Starbucks auf und verkauft einen Teil des Clown Gelds“.

Das in etwas war passiert: Die Website Coindesk war an eine Bilanz von Alameda geraten, die belegte, dass der Hedgefund von SBF rund ein Drittel seiner Reserven im Coin von FTX hält. Demnach hat Alameda Coins im Wert von 18,6 Milliarden US-Dollar. Den größten Anteil davon stellt der eigene Token FTT mit 5,8 Milliarden US-Dollar. Denn nach dem Coindesk Bericht warf CZ, Gründer der Börse Binance, 590 Millionen FTT-Token auf den Markt. Der Kurs stürzte innerhalb weniger Stunden von 22 auf 3 US-Dollar ab.

Am Dienstag folgte dann ein Übernahme-Angebot in Form einer nicht bindenden Absichtserklärung von CZ an SBF, das am Mittwoch wieder zurückgezogen wurde. CZ wird nicht FTX übernehmen. Wohl auch, weil angeblich in den Bilanzen von FTX ein Loch von acht Milliarden klafft.

Manch einer vermutete gar, dass CZ hinter dem geleakten Coindesk-Bericht stand, und anschließend durch den Verkauf seiner FTT-Coins die Kaskade erst ausgelöst hatte. 2019 noch hatte CZ in FTX investiert, nur um kurz darauf seine eigene Crypto-Derivate-Börse zu starten. Zu dieser Zeit begannen immer mehr Marktteilnehmer - private wie institutionelle - mit Terminkontrakten auf Kryptowährungen zu wetten. Schnell wurden die beiden Börsen zu Konkurrenten. Binance wurde innerhalb kurzer Zeit Marktführer. Derzeit werden täglich rund 40 Milliarden US-Dollar auf Binance gehandelt. FTX folgt mit nur vier Milliarden an zweiter Stelle.
All dies hat auch eine geopolitische Note: CZ ist gebürtige Chinese und dominiert mit Binance den asiatischen Markt.
China verbot zwar 2021 Bitcoin-Mining und den Handel mit Kryptowährungen, viel aber wich nach Singapur und andere Märkte in Fernost aus. Immer wieder aber zog sich Binance den Zorn von Regulatoren zu.
SBF hingegen versuchte mit dem amerikanischen Kongress zusammenzuarbeiten und trat sogar für eine stärkere Regulierung der Branche ein. Bei den US-Präsidentschaftswahlen 2020 war SBF der zweitgrößte Wahlspender an Joe Biden.
Er ist über seine Eltern, beide Professoren, auch bestens in der amerikanischen Elite vernetzt, und soll sich für mehr Regulierung in der Crypto-Branche einsetzen. Der Erfolg innerhalb kürzester Zeit war atemberaubend: Alameda, 2017 gegründet, verwaltete Milliarden, die Börse FTX, erst 2019 gestartet, gab bald ihren eigenen Coin heraus - natürlich einen Shitcoin, aber einen mit höchsten Weihen der Crypto-Oligarchie. All das leitete SBF von einer 10-Personen-WG in einem Haus auf den Bahamas, wo er sich gern als veganer Philanthrop zeigte.


Der 45-jährige CZ dagegen operiert mittlerweile von Singapur aus. Geboren ist er 1977 in der chinesischen Provinz Jiangsu nahe Shanghai. Als er zwölf Jahre alt war, zog er mit seinen Eltern nach Kanada, weshalb er die kanadische Staatsbürgerschaft hat. Binance gründete CZ 2017. Das nötige Geld beschaffte er sich über ein Initial Coin Offering (ICO), die bewährte Methode an Geld zu kommen während des vorletzten Crypto-Bullenmarkts.
Das Ende der Saga dürfte das noch nicht sein. Das „Deleveraging“, das Auflösen gehebelter Positionen, im Crypto-Markt könnte jetzt erst noch richtig beginnen. Schon seit Jahren erheben Kritiker immer wieder schwere Vorwürfe gegen den Stablecoin Tether. Tether, kurz USDT, ist sozusagen das Schmiermittel beim Derivate-Handel auf Kryptobörsen. Der Stablecoin, der stets seinen Wert von einem US-Dollar halten soll, ermöglicht es Tradern, schnell in Positionen ein- und auszusteigen. Rund 70 Milliarden solcher USDT sind im Umlauf. Der Vorwurf, den das Unternehmen bisher nie glaubhaft entkräften konnte, lautet: Diese 70 Milliarden sind überhaupt nicht mit echten Geld gedeckt, sondern nichts anderes als „Clown Geld“. Dies würde allerdings erst auffallen, wenn die Kunden von Tether in großem Stil ihre Coins in echte Dollar tauschen wollten. Lange Zeit waren die rund ein Dutzend Tether-Kunden auch völlig unbekannt, bis im Herbst vergangenes Jahr ein Bericht erschien. Zu den größten Tether-Käufern gehört demnach der Hedgefund von SBF, Alameda.



In der letzten Ausgabe findest Du außerdem eine Zusammenfassung und Übersicht, wie Alameda mit Tether und dem gesamten Ökosystem verbunden ist.
BlingBling findet all diese Entwicklungen gut - auch wenn sie den Bitcoin-Kurs kurzfristig auf 10000 US-Dollar und noch tiefer fallen kann. Zur Erinnerung: Als 2014 die japanische Börse Mount Gox, damals wichtigster Handelsplatz für Bitcoin und Co, implodiert, fiel der Kurs von 1000$ und 200$.
Wer langfristig in Bitcoin investiert ist, muss das alles nicht kümmern. Am Ende jedes Bullmarkt-Zyklus fliegen Semi-Scams und aufgeblasene Projekte in die Luft. An der Gesamtlage ändert das nichts. Wie schon oft hier erwähnt, eignen sich Sparpläne für solche Marktphasen am besten. Und zumindest einen Teil seiner Coins sollte man auf sicheren Cold Wallets deponiert haben.
Von Binance hört man wenig. Kannst du etwas über ihr Standing und Gefahren sagen?
Schwierig. Binance ist nach wie vor die größte Börse und scheint gerade sehr stabil. Mir ist auch kein "In-House-Trading" bekannt, wie das bei FTX und Alameda wohl der Fall war. Trotzdem habe ich kein gutes Gefühl bei Binance. Das Wachstum war so rasant. Der Coin explodierte von 8$ 2018 auf 800$ drei Jahre später. Mir nichts von einer akuten Gefahr bekannt, aber das ganze System Binance ist mir zu opak.