Mit Bitcoin überleben
Bitcoin kennen die meisten als Geldanlage. Was aber, wenn man versucht, zwei Tage lang ausschließlich damit zu bezahlen? Eine neue Serie testet das weltweit
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Für die allermeisten ist Bitcoin eine Geldanlage oder Spekulationsobjekt - je nachdem, wieviel Vertrauen man in die Technologie hat. Es im Alltag als Zahlungsmittel zu verwenden, ist… mindestens exotisch. Das ändert sich allerdings langsam und hängt stark davon ab, wo man sich befindet.
Anita Posch zum Beispiel reist regelmäßig in Schwellen- und Entwicklungsländer und gibt dort Workshops über Bitcoin. Die meisten Menschen dort verstehen den Sinn und Zweck von Bitcoin dort wesentlich schneller. Weil Millionen von Menschen kein Bankkonto besitzen, oder für Auslandsüberweisungen sehr hohe Gebühren bezahlen müssen, oder weil die horrende Inflation das Halten von Fiat-Währungen unattraktiv macht, nutzen sie Bitcoin im Alltag.
BlingBling war Ende vergangenen Jahres selbst in El Salvador, wo Bitcoin offiziell Währung ist, und auch dort von immer mehr Menschen genutzt wird. Tatsächlich ist die Erfahrung mit Bitcoin zu bezahlen, oft einschneidend: Das Lightning-Netzwerk hat Bitcoin alltagstauglich gemacht.
In der Euro-Zone aber fehlt die Notwendigkeit. Es gibt genug digitale Zahlungslösungen, so dass Bitcoin meist nur von einer kleinen begeisterten Community genutzt wird. Dabei ist das Zahlen und Bezahlen von Bitcoin das eigentliche Fundament, aus dem sich der revolutionäre Gedanke speist. Nur wenn Bitcoin tatsächlich von mehr Menschen weltweit genutzt wird, ist auch der Preisanstieg gerechtfertigt.
Cinemuc und Plebsmusic haben nun eine neue Serie gestartet, mit der sie die Bitcoin-Adoption weltweit nicht nur testen, sondern auch verbreiten möchten.
Die erste Folge des Bitcoiner’s Travel Guide „48 Stunden in Amsterdam“ ist vergangene Woche erschienen. BlingBling hat sich mit ihnen unterhalten.

Aaron alias Cinemuc ist freier Filmemacher und 2019 ins Bitcoin-Rabbithole gefallen. Er hat im vergangenen Jahr die Doku „HumanB“ gemacht. Max alias Plebmusic hat lange Bitcoin-Podcasts geschnitten und produziert.
Ihr habt 48 Stunden in Amsterdam verbracht und ausschließlich mit Bitcoin bezahlt. Was hat Euch am meisten überrascht bei Eurem Experiment?
Cinemuc: Vor allem die Offenheit der Leute. Uns war ja klar, dass es in Amsterdam keine wirklich gute Bitcoin-Infrastruktur gibt. Deswegen fanden wir die Stadt auch interessant. Wir sind also Läden reingegangen und haben gefragt, ob wir mit Bitcoin bezahlen können. Die meisten waren tatsächlich sehr aufgeschlossen dafür. Vor allem die Leute auf dem Markt.
Pleb Music: Ich dachte auch, dass es deutlich schwieriger wird. Natürlich haben viele gleich beim Wort Bitcoin abgeblockt. Aber viele waren eben auch sehr interessiert.
Wussten denn die meisten, was Bitcoin ist?
Cinemuc: Viele hatten schon davon gehört, aber hatten keine genauere Vorstellung, wie es funktioniert. Der Käsehändler zum Beispiel spürte so intuitiv, dass er damit etwas anfangen kann und er hat sofort zugesagt.
Pleb Music: Die meisten Leute haben wir erst das Geld überwiesen und im Nachhinein erklärt, was sie da erhalten haben. Ein tieferes Grundverständnis hatten kaum einer. Aber alle waren interessiert.
Wo hattet ihr die größten Schwierigkeiten bei Eurem Experiment?
Cinemuc: Einfach in Läden zu fragen, ob sie Bitcoin akzeptieren, ist keine große Sache. Aber wir haben uns ja selbst auferlegt, 48 Stunden ausschließlich nur mit Bitcoin zu bezahlen - also auch für Unterkunft, Lebensmittel, alles. Da mussten wir Umwege gehen. Beim Übernachten zum Beispiel gibt es die Möglichkeit, mit Bitcoin Gutscheine zu bezahlen. Bitrefill bietet das zum Beispiel an, und die Gutscheine kann man bei Airbnb nutzen. Das ist schon noch eine Herausforderung.
Pleb Music: Es ist tatsächlich noch schwierig, sich hundertprozentig darauf zu verlassen. Wir waren hinsichtlich von Essen und Übernachten schon eingeschränkt. Komplett nur mit Bitcoin zu überleben, dafür ist es noch etwas zu früh.
Ihr bekommt auch ein Zimmer, von einem anderen Bitcoin-Fan. Wie lief das?
Pleb Music: Das war eine schöne Überraschung. Ich hab unser Anliegen in einer Telgram-Gruppen von rund 2000 Mitglieder gepostet. Daraufhin haben etliche Leute mich angeschrieben und mir Zimmer angeboten oder Tipps gegeben. Eine ganze Wohnung habe ich nicht erwartet. Was Bitcoin so besonders macht, ist diese Hilfsbereitschaft der Gemeinschaft. Jeder weiß, dass wir dieselben Werte teilen.
Wenn Ihr Menschen etwas über Bitcoin erzählt habt - was hat die Leute am schnellsten dafür begeistert?
Cinemuc: Die Einfachheit, wie unkompliziert und schnell es geht. Wenn es aufwändiger wäre, hätten viele Leute nicht mitgemacht. Aber so haben wir ihnen gezeigt, wie man eine App runterlädt, und das war es chon.
Pleb Music: Einige hatten auch schon mal den Begriff „digitales Gold“ gehört. Das Entscheidende war aber tatsächlich die Einfachheit.
Und natürlich kannst Du auch mit Bitcoin zahlen: Schreib eine Mail mit einem Screenshot Deiner Transaktion und BlingBling schaltet Dich frei.
https://ln.bitcoinbeach.com/BlingBling
In Schwellen- und Entwicklungsländern ist den Menschen der Nutzen von Bitcoin oft schneller klar. (Siehe hierzu das Interview mit Anita Posch “Die Menschen verstehen es sofort”) In der Euro-Zone sehen viele Leute den Grund dafür noch nicht. Ändert sich das langsam?
Cinemuc: In Europa gibt es keine dringende Not. Als wir den Film gedreht haben, war die Inflation noch nicht so hoch. Viele Leute probieren es aus Interesse, aber nicht aus einer Notwendigkeit. Das ist in El Salvador oder der Türkei anders.
Wo werdet Ihr als nächste hinfahren?
Pleb Music: Die nächste Folge wird auf der portugiesischen Insel Madeira spielen. So viel können wir sagen.
Warum dort?
Pleb Music: Vergangenes Jahr hat der Präsident der Regionalregierung angekündigt, Bitcoin fördern zu wollen. Wir wollten wissen, was es damit genau auf sich hat.
Cinemuc: Wir können noch nicht alles erzählen, weil manches davon noch nicht an die Öffentlichkeit gegangen ist. Aber wir können so viel verraten: Madeira könnte sich zu einem Bitcoin-Hotspot entwickeln.
Pleb Music: Wir sehen das Projekt auch eine Art Zeitkapsel. Wir gehen davon aus, dass Bitcoin die Welt verändern wird und die Adoption stark voranschreiten wird. Wir möchten im Idealfall eine Momentaufnahme weltweit machen. Ob wir das so verwirklichen können, ist noch offen. Aber das ist das Ziel.
Hier ist das Bild ja noch stark von Spekulation und Geldanlage geprägt. Verändert es den Blick auf Bitcoin, wenn man sich mit der Adoption beschäftigt?
Cinemuc: Es verändert die Sicht, weil man mit Menschen in Kontakt kommt, und in gewisser Weise einen Bitcoin-Standard vorlebt. Das Thema Fiat-System und seine Probleme ist mittlerweile schon gut durchgekaut. Jetzt wollen wir uns mit der Zukunft beschäftigen.
Hier noch die wirklich hervorragende Bitcoin-Doku “Human B”, von Cinemuc.