Die dunkle Seite des EV-Booms
Die Energiewende braucht Batterien. Dafür benötigt man Nickel. Eindrücke aus Morowali, Indonesien, der größten Nickel-Abbau-Region der Welt
Liebe Abonnenten,
ich war vor Kurzem auf der indonesischen Insel Sulawesi. Dort bauen vor allem chinesische Unternehmen Nickel ab. Das Metall benötigt man vor allem zur Herstellung von Batterien, die in Elektro-Fahrzeugen zum Einsatz kommen. Ein paar Eindrücke:
Indonesien hat die größten Nickel-Vorkommen der Welt. Auf der Insel Sulawesi haben chinesische Firmen einen Minen-Park errichtet. 2013 wurde der Indonesia Morowali Industrial Park, kurz IMIP, gegründet - ein Joint-Venture aus den indonesischen Unternehmen PT Bintangdelapan Investama und PT Sulawesi Mining Investment sowie der chinesischen Shanghai Decent Investment, einer Tochter des Konzerns Tsingshan. Der damalige indonesische Präsident Yudhoyono und sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping einigten sich auf die Großinvestition: Rund 1,2 Milliarden US-Dollar stellte die China Development Bank bereit, damit chinesische Unternehmen Nickel abbauen können. Dieser Betrag ist um ein Vielfaches gestiegen. Immer mehr Menschen aus ganz Indonesien sind nach Morowali gezogen auf der Suche nach Arbeit. Bis zu 700 US-Dollar kann man hier verdienen, das Durchschnittsgehalt ist aber wesentlich niedriger. Die meisten von ihnen wohnen wie hier in einfachen Behausungen, Mehr-Bettzimmer ohne Ventilator oder Kühlung.
Wie viele Leute in Morowali Arbeit gefunden haben, weiß niemand genau. Jemand erzählt, die Unternehmen würden bis zu 1000 Bewerber am Tag bekommen. Andere sprechen von 300000 Arbeitern. Und genauso wuchert Morowali auch: unkontrolliert, ohne Regeln, und vor allem ohne Regulationen.
Die soziale Struktur der Dörfer wird durcheinander gewirbelt. Tausende von jungen Männern kommen hierher, um in den Minen und Werken zu arbeiten. Alle 50 Meter steht ein „Massage-Salons“: Bordelle, die aus einem Bretterverschlag mit Vorhang bestehen.
Wut auf die Chinesen gibt es - aber dabei geht es in erster Linie um Gehälter. Als sich herumsprach, dass chinesische Arbeiter mehr verdienen als indonesische, kam es Anfang des Jahres zu Protesten in Morowali. Die chinesischen Unternehmen lassen ihre Arbeiter seitdem nicht mehr vom Firmengelände.
Der Grund ist der Boom von Elektro-Fahrzeugen: Als sich nach den zwei Jahren strikter Zero-Covid-Politik der Vorhang in China wieder lüftete, überschwemmte Peking plötzlich den globalen Markt mit Elektro-Fahrzeugen aus heimischer Produktion. Exportierte das Land 2018 noch 600000 Autos ins Ausland, waren es 2022 auf einmal 2,6 Millionen. Im selben Zeitraum verfünffachte sich auch die Produktion von Elektro-Fahrzeugen. Zwar hat Tesla noch immer einen globalen Marktanteil von über 50 Prozent. An zweiter Stelle aber folgt nun schon der chinesische Hersteller SAIC. In China selbst dominiert BYD das Geschäft. Bis 2025 will China jedes Jahr sieben Millionen E-Fahrzeuge herstellen, und damit 54 Prozent des globalen Marktanteils besitzen.
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CATL, größter Batterie-Hersteller der Welt, der auch deutsche Unternehmen wie BMW beliefert, hat über 600 Millionen investiert. Und es geht immer weiter. Die internationale Energiebehörde IEA geht von mindestens einer Verzehnfachung der Nickel-Nachfrage bis ins Jahr 2030 aus.
Lag der globale Verbrauch 2018 bei 65000 Tonnen geht man im Jahr 2030 von 925,000 Tonnen aus. China verfügt derzeit über 77 Prozent der globalen Kapazitäten zur Herstellung von Batterien. Danach erst folgen weit abgeschlagen Polen, Ungarn, die USA und Deutschland.
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