

Discover more from BlingBling
Block-Party
Der Petro-Yuan nimmt langsam Formen an. Über westliche Hybris im Ukraine-Krieg und der Energiewende, und die neue Macht der BRICS-Staaten
Liebe Abonnenten,
während die Bankenkrise auch diese Woche noch zumindest die Wirtschaftsmedien dominierte (zahlende Abonnenten haben übrigens schon am Sonntag ein Update dazu erhalten), ging eine andere Nachricht eher unter. Sie ist aber eine folgenschwere, und Teil einer Weichenstellung, die die globale Wirtschaft in den kommenden Jahrzehnten prägen kann. Dazu gleich mehr.
Was die Ereignisse um die Silicon Valley Bank und die Credit Suisse betrifft, kann ich hier noch folgenden Podcast empfehlen. Ich war am Mittwochabend beim Einundzwanzig-Podcast zu Gast zusammen mit Alexander von Frankenberg und anderen.
Der Iran und Saudi-Arabien haben am Freitag vor einer Woche bekannt gegeben, wieder gegenseitig diplomatische Vertretungen zu eröffnen. Der Deal ist auf Vermittlung Chinas zustande gekommen. Dahinter steckt eine folgenschwere Entwicklung.
Saudi-Arabien und der Iran hatten die diplomatischen Beziehungen vor sieben Jahren abgebrochen. Auslöser für den Streit war die Hinrichtung eines schiitischen Geistlichen in Saudi-Arabien, was zu großen Protesten im Iran geführt hatte. Der Antagonismus der beiden Regionalmächte aber sitzt wesentlich tiefer: Der schiitische Iran gilt als Erzfeind Washingtons und unterstützt schiitische Gruppierungen in Syrien, Irak und im Jemen. Das sunnitische Saudi-Arabien hingegen war ist einer der engsten Verbündeten der USA. Beide Staaten führen seit Jahren einen Stellvertreter-Krieg im Jemen, der bisher mindestens 400000 Menschen das Leben gekostet hat. In der öffentlichen Wahrnehmung und den westlichen Medien läuft dieser Krieg seit Jahren weitgehend unbeachtet vor sich hin. Teheran gab nun bekannt, die Angriffe auf mit Saudi-Arabien verbündeten Truppen im Jemen einzustellen.
Gleichzeitig ist Xi Jinping dieses Wochenende in Moskau, um im Ukraine-Krieg zu vermitteln.


Dass es nun chinesischen Diplomaten gelungen ist, in dem Konflikt zwischen Iran und Saudi-Arabien zu vermitteln, verdeutlicht auch den schwindenden Einfluss der USA in der Region. Der Iran ist zwar international weitgehend isoliert, unterhält aber weiterhin Wirtschaftsbeziehungen zu Russland und China. Während der westlichen Sanktionen sind eine Vielzahl von chinesischen Unternehmen in die Lücke gesprungen. Auch ist China der wichtigste Käufer von iranischen Öl.
Das gilt ebenso für Saudi-Arabien: Längst geht der größte Teil der Erdöl-Exporte nach China. Erst im vergangenen Dezember war der chinesische Präsident Xi Jinping persönlich nach Saudi-Arabien gereist. Dort vereinbarte man unter anderem, künftig saudisches Öl direkt an der Shanghaier Börse in chinesischen Yuan abzurechnen.
Dahinter steckt ein langfristiges geopolitisches Ziel Pekings: die globale Bedeutung des US-Dollars als Leitwährung zu schwächen. Seit den 1970er Jahren wird Erdöl von Saudi-Arabien und anderen führenden Erdöl-Exporteuren nahezu ausschließlich in US-Dollar abgerechnet. Dies hat einerseits zur Folge, dass alle Staaten ständig Dollar benötigen, um Erdöl zu kaufen. Durch die stets hohe globale Nachfrage nach US-Dollar können sich die USA weitaus höher verschulden als andere Staaten, ohne dass die Währung dadurch stark nachgeben würde. Saudi-Arabien erhielt dafür militärischen Schutz von den USA, was sich besonders während des Irak-Kriegs auszahlte.
Eine detaillierte Geschichte des Petrodollar-Systems, und wie China versucht, dieses zu ersetzen, findest Du hier: “Das exporbitante Privileg”
Mittlerweile aber haben sich die Gleichgewichte verschoben. China produziert wesentlich mehr Güter als die USA und importiert immer mehr Öl vom Golf. Die USA unter Präsident Biden dagegen setzen vermehrt auf regenerative Energien und lassen die Scheichs diesen Bedeutungsverlust auch spüren. Zuletzt war es im Zuges des Ukraine-Kriegs zu Unstimmigkeiten zwischen Riyad und Washington gekommen. Biden hatte von der OPEC gefordert, die Fördermenge zu erhöhen, um den Preis für Erdöl zu drücken.
Die diplomatische Lücke, die sich zwischen den beiden Verbündeten auftut, nutzt Peking. Ob die Bemühungen allerdings ausreichen, den tief sitzenden Antagonismus zwischen Iran und Saudi-Arabien zu überwinden, weiß man zwar noch nicht. Aber eine BRICS-Währung, von der immer wieder die Rede ist, rückt näher. Der Endgegner des US-Dollar wäre eine mit harten Vermögenswerten gedeckte neue Währung.
Unter dieser Perspektive ist auch interessant, sich nochmals die Lager im Ukraine-Konflikt anzuschauen. Die “internationale Isolation Russlands”, von der im Westen gerne gesprochen wird, ist bei genauerem Hinsehen keine. Die Abkürzung “BRICS” steht für Brasilien, Russland, China, Indien und Südafrika. Es sind genau jene Staaten, in denen über 40 Prozent der Weltbevölkerung lebt, und die rund ein Drittel der globalen Wirtschaftsleistung stellen, die sich den Sanktionen nicht angeschlossen haben.


Es sind im Übrigen auch die Staaten, in denen der Verbrauch von fossilen Energieträgern in den kommenden Jahren stark zunehmen wird - ganz einfach deshalb, weil eine wachsende Bevölkerung und zunehmender Lebensstandard eng mit dem Energieverbrauch korreliert sind, und sich fossile Energieträger wie Kohle und Öl für eine schnelle Modernisierung am attraktivsten sind. Während der Westen also das Risiko einer nicht hundertprozentig zu Ende gedachten Energiewende eingeht, springen Staaten wie Indien oder China gerne in die Lücke und kaufen.



Man muss es vielleicht gar nicht so drastisch bezüglich der Sanktionen sehen, wie es der sehr geschätzte Professor Hasan Alkas hier tut. (Hier ein Gespräch mit ihm zur Rolle der Türkei in diesem Gefüge). Aber es würde helfen, hin und wieder über den eigenen, meist hochmoralischen, Tellerrand zu blicken.


In der Ausgabe “Pekings Bitcoin Gamble” geht es übrigens um die Rolle von Bitcoin in dieser globalen Machtverschiebung
Wenn Dir der Artikel gefallen hat, dürfte Dich auch mein neues Buch “Die dreckige Seidenstraße” interessieren. Ich bin dafür in mehrere Länder des “Globalen Südens” gereist, um über Chinas Einflussnahme zu recherchieren: Es erscheint im Mai im Goldmann-Verlag und kann man kann es hier vorbestellen: