Wettlauf um Rohstoffe in Afrika
In Sambia konkurrieren der Westen und China um die Rohstoffe des 21. Jahrhunderts. Eine Reportage aus dem Copperbelt.
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Ich war vergangene Woche in Sambia. Das Land, das südlich an den Kongo angrenzt, ist einer der weltweit größten Kupfer- und Kobalt-Produzenten. Um diese Metalle ist ein „Great Game“ zwischen den USA und China entbrannt. Hier ein Bericht.
Im Sinzozam-Friendship-Hospital in Kitwe wartet Kelvin Kuleba auf seine Entlassung. Zwei Tage zuvor waren ihm Steine in der Mine auf den Fuß gefallen. Der Knöchel ist angebrochen. Sein angeschwollener Fuß liegt auf dem Bett, während der muskulöse 33-Jährige auf einem Stuhl sitzt. Kuleba ist auch in der Gewerkschaft der Minenarbeiter organisiert. Das Hauptproblem ist derzeit, dass er und seine Kollegen über eine Agentur bei der chinesischen Firma NSC Africa angestellt sind. Diese aber behält fast die Hälfte ihres Lohnes ein. „Wir wollen eine Direkt-Anstellung bei NSC“. Damit würde sich sein Lohn von 200 US-Dollar fast verdoppeln.
Kelvin arbeitet seit zehn Jahren in den Minen. Der Job ist hart: „Manchmal sind wir zwölf Stunden am Stück unter der Erde. Es ist anstrengend, nicht einfach und manchmal auch gefährlich“, sagt er. „Trotzdem mag ich meine Arbeit“. Das Problem seien neben den Gehältern die Arbeitsbedingungen. „Diejenigen, die direkt angestellt sind, bekommen auch mehr zu essen. Bei uns sind es vier Buns am Tag.“
Die Provinz „Copperbelt“ im Norden Sambias ist fest in chinesischer Hand. „NFC Africa Mining“, „ReBa“, „Sinotruk“, „Cosco“ oder „Sinopec“ lauten die Namen, die auf den Schildern der abgezäunten Minengelände stehen - in lateinischer Schrift und chinesischen Zeichen. Hin und wieder taucht eine „China Mall“ auf, mit allem, was Chinesen so zum Entspannen brauchen: Restaurants, Karaoke-Läden und „Spas“. Man sieht der Region den Rohstoff-Reichtum an: Die Straßen sind von guter Qualität. Es gibt sogar Modellsiedlungen mit Einfamilienhäusern.
Die Verbindungen zwischen Lusaka und Peking reichen weit zurück. In den 1970er Jahren, China war selbst noch ein Entwicklungsland, bauten die Chinesen die TAZARA-Eisenbahn. Damit hatte Sambia eine Möglichkeit, Kupfer zu exportieren, und dabei Südafrika und Zimbabwe zu umgehen. Sambia ist auch Teil der „Neuen Seidenstraße“ - und in eine starke Schuldenabhängigkeit von China geraten.
Seit Kurzem ist Sambia ins internationale Rampenlicht gerückt:
Im Februar 2024 heißt es, ein neues Start-up namens KoBold Metals habe mithilfe künstlicher Intelligenz Sambia gescannt und riesige Kupfer-Vorkommen gefunden. Investoren sind unter anderem AI-Guru Sam Altman, Amazon-Gründer Jeff Bezos und Bill Gates. 150 Millionen US-Dollar will das Unternehmen investieren und es wäre die erste amerikanische Minen-Investition in Sambia. Vor 2030 aber dürfte sie nicht in Betrieb gehen. Die Meldung scheint ohnehin lanciert und mit Buzzwords gespickt gewesen zu sein. Sie ist aber in gewisser Weise die Spitze des Eisbergs, denn nahezu sämtliche Zukunftstechnologien sind ohne Rohstoffe aus Afrika nicht möglich:
Die Lobito-Eisenbahn kostet wesentlich mehr als das Gates-Bezos-Projekt: Ungefähr 2,3 Milliarden US-Dollar für 2600 Kilometer Schienen, die Sambia, den Kongo und Angola verbinden. Allein der Abschnitt von Sambia bis nach Angola soll 1,6 Milliarden kosten. Finanzieren wollen das Projekt die African Infrastructure Bank, das Schweizer Rohstoff-Unternehmen Trafigura und vor allem die amerikanische Regierung. Ist die Strecke einmal fertiggestellt, erhöht sich die Transportkapazität von einer Million auf fünf Millionen Tonnen jährlich. Ob sich all das lohnt, ist noch unsicher. Die Energiewende aber ist eben beschlossene Sache:
“An electric vehicle is essentially a battery, and what's in the battery is Africa, and so there's a great opportunity here for Africa to be part of a 21st century clean enery future.”
Amos Hochstein, Bidens Chef-Berater für Energie-Investitionen.
Ursprünglich sollte Sambia gar nicht Teil der Eisenbahn sein. Die Pläne für den Lobito-Railway kamen unter dem amtierenden Präsidenten HH, der anders als sein Vorgänger als pro-westlich gilt. 2027 soll der Abschnitt fertig sein, und dann Kupfer, Kobalt, Nickel und Lithium Richtung Atlantik abtransportiert werden. Südafrika dagegen gilt als Gegner des Projekts. Und wie China sich verhält, bei dem Sambia mit mehr als sechs Milliarden US-Dollar in der Kreide steht, ist noch unklar.
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Trotzdem ist die Stimmung in Sambia nicht gerade pro-westlich. Ich treffe Anthony Mukwita, Buchautor und ehemaliger Botschafter Sambias in Deutschland.
Gerade erst erschien sein Buch „China in Africa - The Zambia Story“ - auch darin macht er keinen Hehl aus seiner Abneigung gegen die aktuelle Regierung. Da diese unter dem amtierenden Präsidenten in eine prowestliche Richtung schwenkte, klingen Mukwitas Positionen eher pro-chinesisch. Vor allem aber sieht er die Welt längst in einem Übergang zu einer neuen, multipolaren Ordnung begriffen. „Wir waren zu lange abhängig von den USA“, sagt er. „Mit China ist ein neuer Wettbewerber entstanden und für Länder wie Sambia ist das eine positive Entwicklung. Für viele afrikanische Länder bedeutet das mehr Autonomie und Souveränität, denn sie können selbst entscheiden, mit wem sie zusammenarbeiten.“
Sambia sei zudem ein Gewinner der Energiewende. Denn zahlreiche für die grüne Wende erforderlichen Rohstoffe liegen hier unter der Erde.
Allerdings ist Mukwita auch desillusioniert über westliche Werte. Lange echauffiert er sich über den Krieg in Gaza. Er sieht darin eine gewaltige Heuchelei der USA und damit des Westens. „Der Westen hat kein Recht mehr, sich moralisch überlegen zu fühlen. Es geht um reine Machtpolitik.“
Der Text ist Teil meines neuen Buches, das im November dieses Jahres erscheinen wird.
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