

Entdecken Sie mehr von BlingBling
Von China lernen? Teil 2
Der digitale Euro kommt - was bedeutet das eigentlich? Und lassen sich digitale Zentralbank-Währungen überhaupt noch aufhalten?
Bitcoin: 30315$
Gold: 1820$
Willkommen zur 71. Ausgabe von BlingBling!
Zunächst ein Hinweis in eigener Sache und eine Korrektur. Auf den zugehörigen Tweet zur vergangenen Aussage „Von China lernen“ meldete sich ein Mitarbeiter des Think Tanks Merics. Das ist das wichtigste Institut zur China-Forschung in Europa mit Sitz in Berlin. Er wies mich auf folgenden Fehler hin: Das Punkte-System habe es zwar in verschiedenen Städten in China als Pilotprojekt gegeben, mittlerweile aber sei man davon abgekommen. Es sei ungenau und wenig hilfreich, Kreditwürdigkeit mit Mülltrennung in einem Score zu kombinieren. Zwar spricht auch Merics weiterhin vom Social Credit System, meint aber, diese führe zu einem negativen Framing, was nicht hilfreich sei. BlingBling erwiderte, dass der Hinweis zum Punktesystem freundlich angenommen sei, und ansonsten: You name it. Und tatsächlich sind die Entwicklungen in China hinsichtlich des Systems dynamisch. Wer in die Details eintauchen möchte, dem sei der Report von Merics empfohlen:
Most importantly, the SoCS is only a small fraction of China’s monitoring and surveillance capacities. Public security driven surveillance initiatives, in particular, carry much broader rights implications.
Was das “Framing” betrifft, würde BlingBling das den Lesern gerne selbst überlassen. In dieser Ausgabe geht es um einen Aspekt der Digitalisierung, der eng damit verbunden ist.
Tatsache ist: Der digitale Yuan kommt, ebenso wie der digitale Euro.

Derzeit forschen nahezu alle Staaten an staatlichen Digitalwährungen, in zahlreichen Ländern laufen Pilotprojekte. CBDCs, also Central Bank Digital Currencies, was der Oberbegriff für digitale Währungen sind, sind die Antwort der Regierungen auf Bitcoin. Bitcoin basiert auf einer dezentralen Blockchain und Pseudoanonymität. Damit das System dezentral und somit unbeeinflussbar bleibt, braucht Bitcoin Energie. Das ist das Proof-of-Work-Mechanismus.
Eine digitale Währung ohne diesen Mechanismus ist zensierbar, manipulierbar und inflationär. Es gibt eine zentrale Stelle, die Zentralbank eines Landes, die darüber wacht.
Ein digitaler Euro ist nicht das, was wir jetzt schon sehen, wenn wir unser Online-Konto öffnen. Ein digitaler Euro wird direkt von der Zentralbanken an den Bürger gegeben. Er ermöglicht Regierungen die Feinsteuerung wirtschaftlicher Prozesse.
Schutz vor Inflation wird schwieriger
Regierungen mögen eine leichte Inflation, weil sich damit Schulden wegmachen lassen (sie werden weniger wert), und weil sich damit Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze schaffen lassen. Wenn aber die Inflation zu hoch wird, suchen Menschen nach Möglichkeiten, sich davor zu schützen. Sie stecken ihr Erspartes in „hard assets“: Gold, Land, Bitcoin, In geringerem Maße auch teure Uhren. Dieser Prozess unterläuft das Vorhaben sich unbemerkt zu entschulden und führt im Extremfall zu einem Kollaps der Währung. Man kann davon ausgehen, dass parallel zur Einführung von CBCDs diese Schlupflöcher geschlossen oder zumindest verengt werden. Das nennt man “finanzielle Repression”.


2. Negativ-Zinsen
Seit der großen Finanzkrise haben Regierungen weltweit versucht, das Wirtschaftswachstum mit Niedrigzinsen anzukurbeln. Das hat aber nicht besonders gut funktioniert. Erst jetzt in diesem Jahr ist die Inflation angesprungen, die Wirtschaft aber eher nicht so. Für Zentralbanker wären noch vor drei Jahren Negativ-Zinsen sehr interessant gewesen. Das hätte aber nicht geklappt, weil in diesem Fall, jeder sein Geld abgehoben hätte. Wird Bargeld abgeschafft und werden Schlupflöcher (Punkt1 ) geschlossen, sind mit dem digitalen Euro auch Negativzinsen möglich. Das Geld bekäme ein Verfallsdatum und muss dann eben in den Konsum.
Im Extremfall könnte einer Person verboten werden, etwas anderes als das Nötigste zu kaufen. Eine CBDC würde die Umsetzung totalitärer Massnahmen wesentlich erleichtern; sowohl die Verfolgung von Einzelpersonen als auch Social Engineering im grossen Stil werden durch die scheinbar unschuldige technische Formulierung des «programmierbaren Geldes» ermöglicht.
Kristoffer Mousten Hansen: So geht die Freiheit zugrunde. Aus dem Dossier des Schweizer Monat “Zentralbanken unter Strom”
3. CBDCs sind programmierbares Geld.
Auch „Smart Contracts“ sind zunächst im freien Crypto-Space entstanden und werden jetzt von Regierungen adaptiert. Geld wird damit programmierbar. So kann zum Beispiel eine Sparobergrenze festgelegt werden. Mehr als 100000 Euro auf einem Konto zu halten, wäre dann nicht mehr möglich. Das Geld muss dann in den Konsum fließen. Das hat nicht nur negative Facetten: Hunderttausende Studenten in den USA sind wegen Studienkrediten überschuldet. Würde man die Kredite streichen, löste man eine Unternehmenspleite-Welle aus. Mit programmierbaren Geld aber könnte man Leute gezielt entschulden. Und natürlich eignet sich programmierbares Geld auch super für Transferleistungen. Hartz-IV-Geld oder ein Universal Basic Income kann dann nur für Lebensmittel, nicht aber für Alkohol ausgegeben werden.
Mehr dazu:
Ausgabe 11: The Revolution will not be Centralized
Ausgabe 35: Gold, analog
Ausgabe 44: Die Inflation von 1923
4. Überwachung
Die Bitcoin-Blockchain ist pseudoanonym. Alle Transaktionen sind zwar einsehbar, aber nur sehr schwer zuordbar. Mit dem digitalen Euro wird das anders. Sobald digitale Identität mit digitaler Wallet (und Health-ID) gekoppelt werden, sind alle Transaktionen öffentlich für die Regierung nachvollziehbar.

Ein Traum für alle Kriminellen-Jäger.
Dazu das Interview mit Markus Büch in Ausgabe 67: “Die Verordnung hat repressiven Charakter”
All diese Entwicklungen sind also nicht getrennt voneinander zu sehen. Es werden parallel wahrscheinlich in den kommenden Jahren:
der digitale Euro eingeführt
der Besitz von Gold und Bitcoin erschwert
eine digitale ID und Health-ID aufgebaut
Bargeld abgeschafft
Momentan heißt es auf der Website zwar “A digital euro would not replace cash, but rather complement it.” Das ist allerdings aus den oben genannten Gründen schwer vorstellbar. Ob dann am Ende noch ein Punkte-System darüber gebaut wird, sei dahin gestellt.
All diese Entwicklungen sind nicht in Stein gemeißelt. Problematisch aber ist, dass sie ohne eine breite gesellschaftliche Debatte stattfinden und die Bürger vor vollendete Tatsachen gestellt werden.
Und man kann all dies auch als Wettrennen sehen: Gelingt es dem Bitcoin-Netzwerk sich in den kommenden Jahren so zu verzahnen und unentbehrlich zu machen, bevor CBDCs kommen, wird der digitale Euro auch im Sand verlaufen.
=> Stack sats und hodl!
Ein schönes Wochenende!
BlingBling ist Ende 2020 als Liebhaber-Projekt gestartet, und zu einem kleinem, feinen, Bitcoin-Medium herangewachsen. Die Arbeit daran macht mir enorme Freude und beansprucht immer mehr Zeit. Wenn Du das Projekt unterstützen möchtest, kannst Du das am besten mit einem Bezahl-Abo. Es ist jederzeit kündbar und bringt Dir neben viel gutem Karma auch den vollen Zugang zu allen Texten, Interviews, Artikel und Portfolio-Tipps! Du kannst das einfach für sieben Euro einen Monat ausprobieren:
In der aktuellen Paid-Ausgabe geht es um den jüngsten Kurssturz, Stablecoins und wann es wieder Zeit wird zu kaufen.
Alternativ kannst Du BlingBling natürlich auch mit Bitcoin unterstützen: