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Survival-Mode bis 2025
Eine geleakte Email des Huawei-Gründers prophezeit harte Zeiten für China. Was das, und die Stromausfälle in Sichuan für den Rest der Welt bedeuten.
Der Bund in Shanghai, eine prächtige Promenademeile am Huangpu, trägt seinen Namen aus der Kolonialzeit. Das Wort stammt von indischen Hafenarbeitern, die Anfang des 20. Jahrhunderts für die europäischen Kolonialmächte dort Schiffe beluden. Als Ende der Neunziger Jahre die gegenüber liegende Flussseite mit atemberaubenden Wolkenkratzern bebaut wurde, entwickelte sich der Blick auf das „neue Shanghai“ schnell zum Wahrzeichen der Stadt. Täglich führte die Stadt dort ein energiefressendes Spektakel in Form einer Lichtshow auf. Die beleuchtete Skyline von Shanghai - sie ist das Symbol für den chinesischen Wirtschaftsaufschwung. Anfang vergangener Woche war vorerst Schluss mit dem Lichtermeer des Überflusses. Stattdessen Notbeleuchtung. Auch in China gehen die Lichter aus.

Grund dafür ist eine Dürre, unter derzeit vor allem der südliche Teil des Landes leidet. Besonders betroffen ist die Provinz Sichuan. Die Region grenzt an Tibet, und bezieht rund 80 Prozent ihres Energiebedarfs aus Wasserkraft. Nun fiel die Regensaison Anfang des Jahres schon mager aus, und ließ viele Wasserspeicher halbleer. Hinzu kommt nun die angeblich schwerste Dürre seit 50 Jahren. Die Stromproduktion ist so von 900 Millionen Kilowattstunden auf knapp die Hälfte gefallen. Die Behörden haben den Strom rationiert. In der Provinzhauptstadt Chengdu sollen Fahrer von Elektro-Motorrädern derzeit mehrere Stunden warten müssen, um ihre Fahrzeuge aufzuladen. Zahlreiche Fabriken mussten bereits ihre Produktion drosseln, darunter auch Werke von Apple-Zulieferer Foxconn und VW. Auch betroffen ist ein Werk der „Contemporary Amperex Technology Limited“ (CATL). Dort werden rund 30 Prozent aller für Elektrofahrzeuge notwendigen Lithium-Ionen-Batterien hergestellt.

Die Wasserknappheit wirkt sich auch weiter östlich aus. Shanghai bezieht einen Teil seines Stroms vom Drei-Schluchten-Damm und auch dort ist der Wasserstand historisch niedrig. Sollte sich die Situation nicht bald bessern, dürfte China ausgerechnet auf die Energie-Quelle zurückgreifen, für die das Land berüchtigt ist: Kohle.


Dürre und Stromknappheit sind aber nicht die einzigen Probleme, unter denen die chinesische Wirtschaft leidet.
Hinzu kommt die schwelende Immobilienkrise, die derzeit wieder an Fahrt aufnimmt. 20 bis 30 Prozent beträgt der Rückgang an Verkäufen derzeit. Dadurch fallen die Preise, was wiederum dazu führt, dass viele Immobilienkonzerne Projekte nicht fertigstellen. In den vergangenen Jahre hatte sich eine Spirale entwickelt, wobei die Unternehmen das Geld von Neuverkäufen benötigten, um bereits verkaufte Wohnungen überhaupt zu bauen. (Mehr dazu in der Ausgabe “Himmlischer Fuckup”). Da jetzt das Geld ausbleibt, können Gebäude nicht fertiggestellt werden. Immer wieder kommt es deswegen in der Bevölkerung zu „Zahlungs-Boykotts“, weil wütende Wohnungskäufer ihre Raten nicht mehr zahlen wollen. Eine überraschende Zinssenkung der chinesischen Zentralbank Anfang der Woche hat wenig geholfen.


Denn drittens belastet noch immer die strikte Zero-Covid-Politik das Land. Derzeit haben die Behörde strikte Lockdowns über die Ferieninsel Hainan verhängt, wo tausende Urlauber gestrandet sind, hinzu kommen Ausgangssperren in zahlreichen Provinzen wie Xinjiang, Tibet, Shanxi und Chongqing.
Der Huawei-Gründer Ren Zhengfei warnte kürzlich seine Mitarbeiter in einer geleakten Email, die Situation dürfte in den kommenden Jahren noch weiter angespannt bleiben. Es sei gut möglich, dass China bis 2025 in einem „Überlebens-Modus“ bleibe, bevor es wieder einen substanziellen Wirtschaftsaufschwung gäbe.
“Over-optimistic expectations for the future should be adjusted, and in 2023 or even until 2025, we must adopt survival mode”
Zwar machen sich andere wie LSE-Professorin Keyu Lin im Guardian weniger Sorgen:
“Nor is a full-blown financial crisis likely. Major banks are state owned, and will not be allowed to fail. There are no complex, opaque chains of intermediation that characterise the western banking system. Foreign creditors to Chinese property developers will have to take a massive haircut, but the ripple effect on the international economy is likely to be limited.”
Die kommunistische Partei Chinas aber selbst scheint sich auf turbulente Jahre vorzubereiten. Die marxistischen Geschichtswissenschaftler der KPCh sind seit jeher gut im Raunen. Auch Xi Jinping prophezeit seit Jahren “changes unseen in a century”, die bald geschehen werden. So schrieb ein hochrangiger Intellektueller kürzlich in der Staatszeitung “People’s Daily”:
For a long time, there have been some people who believe that the profound changes in the world are unfolding, that the period of opportunity that China had for decades is history, and that the major adjustment of the US policy towards China will deprive China of its original conditions for development. As everyone knows, opportunities are never gifted by others, but in their own hands. They lie in being able to guide the advance and retreat according to the changing situation at home and abroad, and seize the strategic initiative. What's more, in the changing world, the power structure and its inertia will be relaxed, and China will have more power to draw on, not less, and more space to play its role.


Für die Weltwirtschaft sind all das gemischte Signale. Lieferketten-Engpässe und Produktionsstops wirken inflationär, da sie wichtige Güter verknappen und so zu Preissteigerungen führen. Der drohende Kollaps auf dem Immobiliensektor dagegen wirkt deflationär. Die Nachfrage nach Rohstoffen wie Stahl und Beton geht zurück. BlingBling würde gerne eine klarere Analyse liefern können, aber tatsächlich gibt China gerade viele Rätsel auf. Ungeklärt ist auch nach wie vor die Frage, weshalb die KPCh die eigene Bevölkerung nicht impft. Hat man dort andere Informationen über mrna-Impfstoffe? Oder haben die Lockdowns doch einen anderen Zweck als “Flatten the Curve”? Die Ausgangssperren haben tatsächlich große Ähnlichkeiten zu Generalmanövern; die engmaschige Kontrolle der Bevölkerung wäre im Kriegsfall wohl ähnlich. Zudem stören sie die ohnehin angeschlagenen Lieferketten westlicher Firmen.

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