NFTs wtf?
Non-fungible Tokens und digitale Kunstwerke werden im neuen Hype-Zyklus zu irren Preisen versteigert. Was steckt dahinter?
Willkommen zur 13. Ausgabe von BlingBling!
Bitcoin: 56676$
In der letzten Ausgabe von BlingBling habe ich noch darauf hingewiesen, dass der März kein besonders guter Monat für Bitcoin werden könnte, aber auch, dass eine Korrelation noch keine Kausalität macht. Das Wochenplus liegt bei rund 20 Prozent.
Tatsache ist auch, dass in den USA wieder beschlossen wurde, Geld zu verteilen. Anders als in den europäischen Sozialstaaten gibt es dort kaum Transferleistungen, weswegen im Notfall einfach Helikoptergeld abgeworfen wird. Das kriegen eben nicht nur Bedürftige (im Falle eines unbedingten Grundeinkommens wäre das übrigens nicht anders), sondern auch Leute, die gerade viel Zeit und Geld haben, und die 1400 Dollar sofort auf den Finanzmärkten investieren.
Das erklärt zwar den massiven Anstieg der Aktienmärkte im vergangenen Jahr, aber nicht die phänomenale Explosion von Bitcoin.
Bitcoin folgt Zyklen. Alle vier Jahre entsteht durch die Halvings ein Angebotsschock. Weil der Algorithmus alle vier Jahre die Belohnung der Miner halbiert, kommen weniger Bitcoins auf den Markt. Bei stabiler bis gleichbleibender Nachfrage, explodiert in der Folge der Preis.
Das letzte Mal geschah das 2017 - Bitcoin stieg von knapp 1000$ im Januar 2017 auf 20000$ ein Jahr später. Jeder Zyklus bringt eine Menge Bullshit mit sich. 2017 zum Beispiel glaubte man, alles, wirklich alles - Immobilien, Krankenversicherungen, Testamente - müsse auf die Blockchain.
Seitdem gibt es zum Beispiel “Dentacoin”, eine „blockchain solution for the global dental industry“. Wie alle Shitcoins explodierte auch Dentacoin kurzweilig um mehrere tausend Prozent, und fiel dann auf $0.0000201, wo er heute auch noch notiert.
Ungefähr zur selben Zeit entstanden „Crypto Kitties“, kleine Blockchain-Kunstwerke. Und um deren Weiterentwicklung, so genannte Non-Fungible-Tokens (NFTs) geht es heute. NFTs, oder Nifties, können, aber müssen nicht nur, Kunstwerke sein.

Man kann das jetzt für kompletten gehypten Bullshit halten, aber es lohnt sich, sich einmal damit auseinanderzusetzen. Was also ist ein Non-Fungible-Token?
Satoshi Nakamoto hat als erster in der Kopiermaschine Internet Identität geschaffen. Während ein Urlaubs-JPEG tausend Mal verschickt werden kann, und es dann immer noch auf dem eigenen Rechner ist, geht das bei einem Bitcoin nicht. Man sagt deswegen auch, Nakamoto hat das „Double Spending Problem“ gelöst. Ein JPEG kann tausend Mal verschickt werden, ein Bitcoin nur einmal.
Ein Bitcoin ist identisch mit einem anderen Bitcoin, genauso wie ein Dollar mit einem anderen Dollar identisch ist. Das nennt man „fungible“. Ein „non-fungible token“ ist also ein digitaler Token, der einzigartig ist. Verstanden?
Zocker unter BlingBling-Lesern können sich mehr darunter vorstellen, wenn man an Games wie Fortnite oder World of Warcraft denkt. In den Spielen kann man sich Gegenstände, Waffen oder Kleidung für seinen Avatar kaufen. Den besitzt man aber nur so lange, wie das Spiel existiert. Ein NFT kann man sich als einen solchen einzigartigen Gegenstand vorstellen, den man aber auch dann noch besitzt, wenn es Fortnite oder WoW längst nicht mehr gibt.
Jetzt kann man lange darüber grübeln, warum man für ein absolut einzigartiges Objekt, das man nicht wirklich braucht, Geld ausgeben soll.
Aus dem selben Grund, weshalb Leute Geld für Kunst ausgeben. Und genau das sorgte in den vergangenen Tagen für Schlagzeilen. Der derzeit berühmteste NFT-Künstler heißt Mike Winkelmann, alias Beeple. Sein Werk wurde gerade in London für 60 Millionen US-Dollar versteigert. Der neue Besitzer hat jetzt ein Kunstwerk, das physisch gar nicht existiert - sondern nur als virtueller Token.


Das Prinzip der digitalen Einzigartigkeit bezieht sich nicht nur auf Bilder. Auch Tweets können Kunst sein: Twitter-Chef Jack Dorsey versteigerte zum 15. Geburtstag des Kurznachrichtendienst den allerersten Tweet. Justin Sun, der hinter dem Blockchain-Unternehmen Tron steckt, bot dafür zwei Millionen Dollar.


Die Lebensgefährtin von Elon Musk, Sängerin Grimes, verkaufte mit animierte Songs auf der Plattform Nifty Gateway.
Ich persönlich investiere nicht in NFTs - und stehe dem Hype irgendwie verwundert gegenüber. Vom Gefühl her würde ich auch sagen, dass der große Reibach mit NFT-Projekten schon gemacht wurde. Aber wen es interessiert: Coinmarketcap hat hier eine gute Übersicht über NFT-Coins (die Coins sind keine Kunstwerke, aber Tokens der Plattformen, auf denen man sie bauen kann).
Mit der Grundidee von Bitcoin, ein anonymes, fälschungssicheres und in der Menge begrenztes Zahlungsmittel zu schaffen, haben NFTs zudem kaum mehr zu tun. Manches daran erinnert an Dentacoin und die ICO-Bubble 2017. Anderes wirkt auf mich wie eine dekadente Crypto-Bro-Culture von Superreichen.
Andererseits bin ich durch die Recherche etwas offener geworden: Kunst ist nie nützlich, provoziert oft und entzieht sich herkömmlichen Bewertungsmaßstäben - warum sollte sich das nicht auch im Digitalen fortsetzen?
Außerdem: Der NFT-Hype schafft in Bereichen, die mit Bitcoin sonst nichts zu tun haben, Aufklärungsarbeit, was Kryptowährungen leisten können.
Leicht konfus fragt eine Kolumnistin im Monopol-Magazin:
NFTs sind digitales Zeug, das einem tatsächlich gehört. Diese simple Erklärung von WhaleShark habe ich tatsächlich auf Clubhouse aufgeschnappt. (…)
Wie lange hält der Hype? Wann platzt die Blase? Was passiert, wenn die Cryptowährungen einbrechen? Das fragen sich natürlich alle. Die Auktion bei Christie’s wird den Hype erst einmal befeuern. Wie reagieren Galerien? Was machen Künstler:innen, die nicht im Digitalen zu Hause sind? Fangen Museen an, NFTs zu sammeln? Reagiert der klassische Kunstbetrieb vielleicht nicht, weil die Qualität digitaler Kunst nicht gesehen wird? We’ll see.
Übrigens gibt es eine interessante Korrelation von steigenden Kunstpreisen und zunehmender Ungleichheit. Je mehr Superreiche es gibt, die nicht wissen, wohin mit mit ihren Milliarden, desto irrer werden die Preise für Kunstwerke. Eine Folge der Notenbank-Politik der vergangenen Jahre ist eine Asset-Inflation: Wer Aktien oder Immobilien besitzt, ist noch reicher geworden. Auf der Suche nach neuen Anlageformen investieren diejenigen Geld in alles, was Seltenheit besitzt: Teurer Wein, Kunst und Bitcoin.
The art market, in other words, is a proxy for the fate of the superrich themselves. Investors who believe that incomes and wealth will return to a more equitable state should ignore art and put their money into investments that grow alongside the overall economy, like telecoms and steel. For those who believe that the very, very rich will continue to grow at a pace that outstrips the rest of us, it seems like there’s no better investment than art.
Schönes Wochenende!
PS:
Und noch ein Hinweis in eigener Sache:
BlingBling soll Dir helfen, vielleicht reicher, auf jeden Fall aber schlauer zu werden. Falls Dir dieser Newsletter aber tatsächlich beim Reich- und Schlauwerden geholfen hat, kannst Du mir etwas Bitcoin als Dankeschön geben und es auf diese Wallet schicken:
187PK5qk1DAU8xRRqSX2bv78AhWxCwVAyR
Noch mehr aber freue ich mich, wenn Du BlingBling weiterempfiehlst!
Need for Uniqueness. Ich bin der, welcher entscheidet, wer das Kunstwerk sehen kann. Davon ab, ich denke für viele DigitalArtist sind NFTs der Anfang einer neuen Vermarktung. Von Musikern ganz zu schweigen ... guter Blog.