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Kann Bitcoin Kriege verhindern?
Knappes Geld würde Regierungen zur Ausgabendisziplin zwingen und so Kriege teurer und seltener machen. Diese These wird immer populärer. Was ist dran?
Bitcoin: 41635$
Gold: 1943$
Willkommen zur 61. Ausgabe von BlingBling!
Javelin-Raketen sind neben türkischen Dronen ein Game-Changer im aktuellen Krieg Putins gegen die Ukraine. Seit 2019 lieferten die USA diese Raketen an die Ukraine, um die Verteidigungskraft des Landes zu stärken. Javelins sind Panzerabwehrraketen, sie eignen sich aber auch zur Zerstörung von Gebäuden. Die Raketenwerfer werden normalerweise von zwei Personen bedient, im Notfall kann aber auch einer alleine eine Rakete abfeuern, und damit jedes gepanzerte Fahrzeug außer Kraft setzen. Javelins eignen sich also besonders für Armeen, die in der konventionellen Kriegsführung unterlegen sind. Soldaten können damit nach kurzer Ausbildung eine Panzer-Armee stoppen.
Javelins sind ein Produkt der amerikanischen Unternehmen Texas Instruments und Martin Marietta. Zum Einsatz kamen sie bisher im Irak, in Libyen, Afghanistan und in Syrien. Derzeit haben laut Wikipedia rund zwei Dutzend Länder Javelins, die allermeisten davon aber besitzt die Ukraine. Im Dezember vergangenen Jahres waren es 377 solcher Geräte. Heute dürften es nochmals wesentlich mehr sein.





Jetzt kommt eine Schätz-Frage:
Wie viel kostet es, eine Javelin-Rakete abzufeuern (nicht das Gerät, nur ein Schuss)?
a) 500$
b) 2500$
c) 175000$
Antwort C ist korrekt. Eine Javeline-Rakete abzufeuern, kostet 175000$. (Der Schaden, den sich anrichtet, kommt natürlich noch obendrauf…)
Bitcoiner neigen dazu, den Dingen auf den Grund zu gehen. Das ist in der deutschen Szene noch etwas stärker ausgeprägt als in der angelsächsischen. So entspann sich in der vergangenen Woche eine lesenswerte Diskussion zwischen Christoph Bergmann vom BTC-Blog und Daniel Wingen an der Frage, ob Bitcoin Kriege verhindern kann.


Der Wunsch, knappes Geld könne auch Gewalt verhindern, geistert spätestens seit Saifedean Ammous Buch „Der Bitcoin Standard“ durch die Szene. Immer wieder wird dabei das Beispiel des 1. Weltkriegs herangeführt. Im langen 19. Jahrhundert (1789 bis 1914) war die globale Leitwährung, das britische Pfund, vollständig mit Gold gedeckt. Ammous schildert, wie die britische Regierung bei Beginn des Krieges 1914 das sich im Umlauf befindliche Gold erst in der Bank of England zentralisierte (privater Goldbesitz wurde quasi illegal), und anschließend den Goldstandard aufhob. Das hatte zum Ziel, mehr Geld für Rüstung und den Krieg bereitzustellen. Die anderen kriegsführenden Parteien taten nichts anderes. Die Folgen wurden dann bei den Verlierern des 1. Weltkriegs besonders sichtbar: Während Großbritannien halbherzig versuchte, den Goldstandard wiedereinzuführen, und in eine schwere Wirtschaftskrise schlitterte, ging man im Deutschen Reich den anderen Weg: Man druckte noch mehr Geld und führte die Hyperinflation von 1923 herbei. Den Preis zahlte die deutsche Mittelschicht. Deren Vaporisierung erleichterte zehn Jahre später den Aufstieg Hitlers.
Seitdem hält sich hartnäckig die These, ein Goldstandard hätte den Krieg verhindert oder ihn zumindest stark verkürzt. Die Staaten hätten einfach kein Geld bzw. Gold gehabt, um ihn vier Jahre lange zu führen. Und eine Ecke weitergedacht, würde das bedeuten: Sollte die Welt demnächst wieder das schuldenbasierte Fiat-System beenden und einen harten Bitcoin-Standard adoptieren, würde das auch das Ende von großen Kriegen bedeuten. Ist das Geldsystem einmal auf 21 Millionen Bitcoin begrenzt, die in ihrer Kaufkraft zunehmen, sind die Hemmungen relativ groß, damit Dinge und Menschen in die Luft zu jagen.
Stimmt’s?
Nur mal angenommen, Großbritannien hätte 1914 den Goldstandard nicht aufgehoben, das Deutsche Reich aber schon. In dem Fall hätten die britischen Bürger schlicht aufgehört, den Krieg zu finanzieren, während Kaiser Wilhelm II. und Co. die Materialschlachten in Frankreich und Russland gewonnen hätten. Die deutschen Bürger wären dabei natürlich verarmt, aber hätten im Falle eines Sieges sich dann eben das Gold der Briten genommen. Im Zweiten Weltkrieg hätten jene Parteien gewonnen, die am rabiatesten alle Produktionsmittel zwangskollektiviert hatten (Nazi-Deutschland und die Sowjetunion).
Allein dieses Beispiel zeigt: so einfach ist die Sache leider nicht. Und selbst unter einem Bitcoin-Standard, in dem eine Zentralisierung aller Bitcoins bei einer Zentralbank fast unmöglich ist, könnte eine Regierung auf Zwangsmaßnahmen ohne Gold, Geld, Bitcoin und Kriegsanleihen zurückgreifen. In Großbritannien wurden Matrosen oft eingestellt, in dem man sie in Kneipen verprügelte, auf’s Schiff brachte und los segelte. Auch das oft verherrlichte 19. Jahrhundert des Goldstandards ist voll von grausamen Kriegen, und es ist zudem auch das Jahrhundert des Kolonialismus, der bisher brutalsten Ausbeutung, die oft rassistisch motiviert war. Kommunistische und faschistische Systeme kommen sogar ohne Geld aus, da alle Produktionsmittel zwangskollektiviert werden.
Und trotzdem trägt knappes Geld zu einer friedlicheren Welt bei. Eine Menge guter Punkte liefert Alex Gladstein im aktuellen Podcast „What Bitcoin Did“. Gladstein schlägt zuerst vor, in der Geschichte des Geldes nicht zu weit zurückzugehen, und den Vergleichszeitraum auf das 20./21. Jahrhundert zu begrenzen, in denen Demokratien eine tragende Rolle spielen.
Zeitgleich erschien im Bitcoin Magazine ein Essay dazu. Gladstein führt darin drei Argumente an:
The post-1971 fiat standard, in which central banking rests on fiat currency, enables even elected governments to fight wars without public consent, presenting a terminal risk for democratic peace theory and thus for liberal democracy.
Expensive and unpopular U.S. military operations like the Iraq War would not be possible to sustain for decades without zero interest rate policy (ZIRP) and quantitative easing (QE), which carry significant negative externalities for the average citizen.
An eventual shift from the fiat standard to a Bitcoin standard (where BTC acts as the global reserve currency) could help bring warmaking toward the hands of the public, and away from unelected bureaucrats.
Bis 1971, als Richard Nixon den Goldstandard aufhob, waren Kriege primär über Steuern finanziert. Das machte sie unpopulär beim Bürger. Wer jeden Monat zehn Prozent seines Gehaltes nur für einen Krieg abgeben muss, wird sich bei der nächsten Wahl für die Partei entscheiden, die sich für eine Beendigung dieses Krieges einsetzt.
Nixon schaffte den Goldstandard 1971 auch deswegen ab, um den Krieg in Vietnam leichter über Schulden finanzieren zu können. Die Schuldenquote war der USA aber war damals noch äh ein Fliegenschiss zum heutigen Stand.
Das Problem durch zunehmende Inflation und immer mehr Geld ist, dass die Bürger Kriege fernab der Heimat nicht spüren. Viele Amerikaner wissen überhaupt nicht mehr, mit welchen US-Dollars Drohnen, Panzer und Javelins in welchem Land eingesetzt werden. (Hinzu kommt, dass Kriege heute mit immer weniger Personal geführt werden). Über verdeckte Staatsfinanzierung namens “Quantitative Easing” werden die Bürger über die wahren Kosten eines Krieges getäuscht. Gespürt wird nach einiger Zeit nur, dass die Kaufkraft des Geldes gesunken ist.
But in the age of QE, policymakers are unconstrained. They can finance the forever wars without worrying too much about the interest rate on debt going up.
Ernstzunehmende Antikriegs-Bewegungen wie in den 1970er Jahren gibt es laut Gladstein auch deswegen nicht mehr. Die breite Bevölkerung bekommt kaum etwas mit von den Kriegen, die die USA führt. Wer ist sich schon der Tatsache bewusst, dass Friedensnobelpreisträger Barack Obama mehr Kriege begann als seine Vorgänger?
Gladstein spricht von “Credit Card Wars” - auf Pump und durch Geldentwertung geführte Kriege, die die Öffentlichkeit nur als Simulation in den Medien mitbekommt.
As of 2020, a total of $2.02 trillion had been borrowed and spent by the U.S. government on the post-9/11 wars. Americans have by now paid roughly an additional $1 trillion in interest alone for the privilege of borrowing to wage conflicts that have become increasingly distant from public discourse.
Ein Bitcoin-Standard, also eine begrenzte Menge von Geld, die Regierungen zur Verfügung haben, würde deswegen keine Kriege verhindern. Aber diese würden, so Gladstein, in Kombination mit demokratischer Kontrolle, seltener und kürzer werden.
Stimmt das? Es wäre zumindest einen Versuch wert.
Und hier der ganze Essay:


Ein schönes Wochenende!
PS: Zur Abwechslung mal wieder “Leningrad” von Billy Joel aus dem Jahr 1989 hören. Bringt auf andere Gedanken.
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