"Ein Riesenunternehmen mit ehemaligen CIA- und FBI-Mitarbeitern"
Das Unternehmen Chainalysis arbeitet eng mit Regierungen zusammen, um die Personen hinter Bitcoin-Transaktionen aufzudecken. Jetzt aber gerät das Konzept ins Wanken.
Bitcoin-Transaktionen sind anonym, oder zumindest pseudoanonym. Zwar sind alle Transaktionen auf der Blockchain transparent und einsehbar. Niemand aber weiß, welche Person sich hinter den Adressen verbirgt. Staaten, Regierungen und Strafverfolgungsbehörden gefällt dieser Umstand natürlich nicht, ist er doch geradezu eine Einladung für Kriminelle und Terroristen, das Netzwerk zu nutzen - zumindest aus Sicht von Kritikern.
Das Chainalysis arbeitet eng mit Regierungen zusammen, um über Heuristiken, die Personen hinter Blockchain-Transaktionen zu identifizieren. Die - anonyme - Autorin L0la L33tz beschäftigt sich schon länger mit der Materie. Sie verfasste Ende Juli einen Artikel für die Crytpo-Plattform Coindesk, in der es um ein Verfahren gegen eine Chainalysis-Mitarbeiterin ging. Dann aber löschte Coindesk plötzlich ohne Vorwarnung den Text.
Es folgt ein Interview mit der Autorin L0la L33tz:
Um was ging es in dem Artikel und warum wurde er von der Website genommen?
Es ging um die Investigativ-Chefin von Chainalysis. Das ist ein Unternehmen, das es sich zur Aufgabe gemacht, Bewegungen auf der Blockchain zu analysieren. Das wird einerseits von Börsen aus Compliance sowie KYC (Know Your Customer) und AML (Anti Money Laundering)-Gründen genutzt. Gleichzeitig aber ist für Regierungen und Strafverfolgungsbehörden interessant. Es gab eine Anhörung vor Gericht, in dem diese Frau, ihr Name ist Elisabeth Bisbee zugeben musste, dass es keinen wissenschaftlichen Beweis dafür gibt, dass diese Software überhaupt funktioniert.
Und warum wurde der Artikel vorübergehend gelöscht?
Darüber kann ich nur spekulieren. Ich war zunächst sauer, dass ich überhaupt nicht informiert wurde. Später sagte Coindesk mir dann, ein Problem sei meine Anonymität, man könne meine Aussagen in dem Artikel nicht verifizieren. Das sei nicht fair, weil mein Text die Person Bisbee angreife. Ich kann dazu nur sagen, dass mein Pseudonym nach zahlreichen Artikeln eine recht gute Reputation hat. In dem Artikel gebe ich nur eins zu eins die Aussagen dieser Frau wieder. Am Ende einigten wir uns darauf, die eine oder andere Spitze zu entschärfen. Mittlerweile ist der Text wieder online. Generell aber ist die viel wichtigere Frage: Warum schreibt kein Mensch über diesen Fall? Immerhin geht es hier um den größten Dienstleister für Regierungen, wenn es um Strafverfolgung im Bereich Kryptowährungen geht.
Warum ist das Unternehmen Chainalysis so wichtig, und was genau machen die?
Es ist eines der größten Blockchain-Überwachungsunternehmen der Welt. Sie schauen sich die Transaktionen auf der Blockchain an, und versuchen daraus Rückschlüsse auf echte Personen zu ziehen. Dies geschieht wie gesagt einmal aus Compliance-Gründen, um für Unternehmen sicherzustellen, dass keine Geldwäsche oder illegale Aktivitäten stattfinden. Brisant ist jetzt: Was ist, wenn diese Software überhaupt nicht funktioniert? Und wie viele Menschen wurden schon zu Unrecht aufgrund dieser Software beschuldigt, kriminell aktiv gewesen zu sein - zum Beispiel, weil sie Privacy-Services wie Coin Join benutzen?
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Das Buch, welches ich zusammen mit dem Publizisten Milosz Matuschek 2018 verfasst habe, zeichnet Geschichte, Möglichkeiten und Visionen von Bitcoin und der Blockchain-Technologie nach. (Wer bereits ein Jahresabo hat, erhält auf Nachfrage selbstverständlich auch ein Exemplar).
Das bedeutet, eventuell wurden einfach Personen beschuldigt, aufgrund einer fehlerhaften Software?
Das geschah mit Roman Sterlingov. Der 32-Jährige sitzt seit zwei Jahren in einem Gefängnis. Ihm wird vorgeworfen, mit seinem Programm „Bitcoin Fog“, Bitcoin-Transaktionen verschleiert zu haben. Da das ein Custodial-Programm ist, welches nur im Darknet unter Tor lief, und keine Banklizenz besitzt, fällt es unter das Geldwäsche-Gesetz. Weil amerikanische Staatsbürger diesen Dienst benutzt haben, rechtfertigen die Behörden, den Schweden Sterlingov zu inhaftieren. Die Indizien dafür beruhten auf der Software von Chainalysis.
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Seit wann gibt es das Unternehmen eigentlich?
Seit 2014. Das wurde gegründet, um die Mount-Gox-Pleite aufzuklären. Von Anfang an arbeitete Chainalysis eng mit Regierungen zusammen. Hinzu kommt, dass in den höheren Positionen sehr viele ehemalige Leute aus dem FBI, der CIA und der DEA sitzen.
Damit Bitcoin wirklich im traditionellen Finanzsystem ankommt, und zum Beispiel ein ETF genehmigt wird, brauchen sowohl Regierungen als auch Unternehmen die Sicherheit, dass dort keine illegalen Aktivitäten stattfinden.
Das ist bestimmt so. Es hat ja auch einen Grund, weshalb Coins wie Monero, das noch wesentlich anonymer ist als Bitcoin, auf vielen Börsen nicht gelistet ist. Vielen ist das einfach zu riskant.
Und wie funktioniert das?
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