Der Xi-Pivot
Alle warten darauf, dass die FED ihre Zinspolitik ändert. Die eigentliche Trendwende für Aktien, Bitcoin und Rohstoffe aber könnte ganz woanders stattfinden.
An der Börse wird Hoffnung und Angst gehandelt, das ist auch im sozialistischen China nicht anders: Und so sprangen die Aktienindizes in Hongkong und Shanghai Anfang November gleich um mehrere Prozentpunkte in die Höhe. Der Grund: Es tauchten zaghafte Gerüchte auf, wonach die chinesische Führung ihre strikte Zero-Covid-Politik überdenken könnte.
Die tatsächlichen Informationen aber sind widersprüchlich: BionTech bestätigte zunächst, zwar in Verhandlungen mit der chinesischen Regierung zu sein. Es sei aber noch zu früh, eine Zulassung zu verkünden. Auch wurden Anfang Beamte kritisiert, die Quarantäne- und Lockdown-Maßnahmen zu rigoros umgesetzt hätten. Das Nationale Gesundheitskomitee empfahl mehr Augenmaß. Auch für Pekinger soll das Ein- und Ausreisen künftig einfacher gemacht werden.
Gleichzeitig gibt es keine Aussagen, die irgendwie belastbar darauf hindeuten, dass eine Lockerung der Regeln bevorstehen. Und die bizarre Zero-Covid-Maschinerie läuft im ganzen Land unterdessen auf Hochtouren. In Peking wurden am Sonntag 55 Neuinfektionen gemeldet - Anlass genug, um im zentralen Chaoyang-Bezirk sämtliche Schulen zu schließen.
Im südchinesischen Guangzhou kam es zu knapp 2000 Infektion, woraufhin ein dreitägiger Lockdown über wirtschaftlich wichtige Metropole verhängt wurde. Lockdowns gibt es in zahlreichen Provinzen und Regionen des Landes. Über die tatsächlichen Zustände ist wenig bekannt, da ausländische Korrespondenten kaum reisen können. Videos, die im chinesischen Social-Media-Universum zirkulieren, lassen aber nichts Gutes ahnen: Eines zeigte eine junge Frau, die um Hilfe rief, nachdem ihre Mutter aus einem abgeriegelten Wohnhaus gefallen war. Kafkaesk dagegen die Geschichte eines Mannes, der positiv getestet worden war, und daraufhin in eine Quarantäne-Einrichtung gebracht wurde. Weil er die Kosten für den Aufenthalt nicht bezahlen konnte, wird er auch nach seiner Genesung nicht frei gelassen. Quarantäne-Lager dieser Art werden im ganzen Land weitergebaut - wie zum Beispiel derzeit in Shanghai für 3000 Menschen. Die Anlage soll 220 Millionen US-Dollar kosten.
Der wirtschaftliche Schaden unterdessen ist immens - für China, aber auch für die globalen Lieferketten. Das BIP-Wachstum dürfte mit 2,9 Prozent dieses Jahr weit unter den Erwartungen liegen. Wie kein anderes Land hat sich Peking einer strikten Zero-Covid-Politik seit nun bald drei Jahren unterworfen. Eine Einreise ist nur unter strengen Quarantäne-Vorschriften möglich. Immer wieder werden Metropolen durch Lockdowns lahm gelegt, was natürlich auch immer mehr zu Unmut in der Bevölkerung führt. Warum die Führung in Peking diesen Ansatz verfolgt, lässt viele Beobachter rätseln. Hat sich die Führungsriege um Xi Jinping schlicht verrannt, und kann sich keine Fehler eingestehen? Auch weshalb sich Peking den westlichen mrna-Impfungen verschließt, ist nicht klar.
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