

Discover more from BlingBling
Das Malakka-Dilemma
Während Deutschland seine eigene Energieversorgung immer weiter einschränkt, hat China in den vergangenen zehn Jahren ein Netzwerk aus Pipelines ausgebaut
Liebe Abonnenten,
am 24. Mai erscheint mein neues Buch „Die dreckige Seidenstraße“, wo es um die Effekte der chinesischen Auslandsinvestititionen geht. Das Gute ist, dass ich auch nach Abgabe des Manuskripts immer wieder aktuelle Entwicklungen entdecke, die mit der Thematik zu tun haben.
Während die EU und insbesondere Deutschland dabei ist, sich von fossilen Energieträgern zu lösen, baut China seit Jahren seine Energie-Versorgung weiter aus. Vor allem geht es Peking darum, ein strategisches Problem zu lösen: das „Malakka-Dilemma“.
Ähnlich wie im Suezkanal, in der Straße von Gibraltar, am Bosporus und im Panamakanal konzentriert sich auch hier ein Großteil des Welthandels. Täglich passieren Hunderte von Schiffen die Straße von Malakka, die das Südchinesische Meer mit der Andamanen-See und dem Indischen Ozean verbindet. Ein Fünftel bis ein Viertel des auf Schiffen beförderten Welthandels zwängt sich durch die 1000 Kilometer lange Straße, die an ihrer schmalsten Stelle gerade einmal 38 Kilometer misst. Das Meer ist meist kaum 200 Meter tief, an seinen flachsten Stellen gar nur 20. Das führte dazu, dass man eine eigene Schiffsklasse für die Meerenge entwickelte, die sogenannten Malaccamax-Tanker. Sie können die Straße gerade noch passieren.
Früher war die Meerenge für Piratenüberfälle berüchtigt. Heute schützt die 7. Flotte der US-Marine die Straße. Hinzu kommen kleinere Stützpunkte der US-Luftwaffe in Singapur. Davon profitiert auch China, denn so sind der reibungslose Handel und vor allem die Versorgung mit Öl und Gas aus dem Nahen Osten gesichert. Bis zu 80 Prozent des importierten Rohöls kommen durch diese Straße. Im Konfliktfall allerdings könnte Washington sie sperren und damit eine Lebensader Chinas abklemmen. Peking ist daher seit Langem bestrebt, sich aus diesem Dilemma zwischen dem Schutzbedürfnis einerseits und der Abhängigkeit von den Amerikanern andererseits zu befreien.
Immer wieder wird die Idee ins Spiel gebracht, einen Kanal durch die malaysische Halbinsel zu bauen, um die Straße zu entlasten. So weit ist es bisher nicht gekommen. Dafür aber gibt es eine Art „Hintereingang“ zum Indischen Ozean: Myanmar.
Diese Karte zeigt gut, um was es geht: Pipelines aus Russland, Pakistan und Myanmar wurden in den vergangenen Jahre gebaut, um die Öl- und Gaszufuhr unabhängiger vom strategischen Nadelöhr Singapur zu machen.
In meinem am 24. Mai erscheinenden Buch „Die dreckige Seidenstraße“ findest Du eine Reportage aus Kyaukpyu in Myanmar am Indischen Ozean. Dort werden seit 2015 Tanker aus dem Persischen Golf entladen und Öl und Gas ins 800 Kilometer nordöstlich gelegene Kunming in der chinesischen Provinz Yunnan gebracht. Die Folgen für die einheimische Bevölkerung sind gravierend.
Vor dem Hintergrund dessen, das China zwar in regenerative Energien investiert (zum Beispiel, um dann Solarzellen, Wärmepumpen und Windkraftanlagen in die EU zu verkaufen), selbst aber vor allem an Energiesicherheit interessiert ist, lässt sich das außenpolitische Verhalten Pekings besser erklären.
Der vielleicht wichtigste diplomatische Erfolg für Peking in den vergangenen Jahren war die Versöhnung der beiden Erzfeinde Iran und Saudi-Arabien und die Fakturierung von saudischen Öl in Yuan. Wer seine Energie in der Währung bezahlen kann, die er selbst druckt, ist quasi energie-autark. Das ist der tiefere Sinn der Petro-Dollars, und dem Status der US-Dollars als Leitwährung.
Mehr zum Thema findest Du hier:
Schuldenfalle Seidenstraße - Warum immer mehr Schwellenländer in Zahlungsschwierigkeiten geraten
Das exorbitante Privileg - Wie China am Status des US-Dollars als Leitwährung sägt
Block-Party - der Petro-Yuan nimmt langsam Formen an