Chinas stiller Krieg
Lockdowns, gestörte Lieferketten, billiges russisches Öl - wie China jahrzehntelang Deflation exportierte, und jetzt die Inflation anheizt.
Willkommen zu BlingBling!
Bei vielen Unternehmen in dem für chinesische Verhältnisse beschaulichen Ort Taicang herrscht derzeit wieder Verunsicherung: Wie alt darf ein PCR-Test derzeit sein, um über die Provinzgrenze nach Shanghai zu gelangen? Was ist sonst noch nötig? Wo ist gerade Lockdown? Und droht am Ende wieder eine komplette Stilllegung in Shanghai wie zwischen März und Juni dieses Jahres? Die Frage beschäftigen nicht nur Expats, die das Land verlassen möchten, sondern wirken sich auch konkret auf das Geschäft aus. Während des Shanghaier Lockdowns war der gesamte Warenverkehr stark eingeschränkt oder stand teilweise völlig still. Auf Grund der rigorosen Zero-Covid-Politik durfte Lastwagenfahrer die Landesgrenze nicht überqueren oder mussten sich zwei Wochen in strikte Quarantäne begeben.
Was in der 700000-Einwohner-Stadt 50 Kilometer nördlich von Shanghai geschieht, hat Auswirkungen auf die ganze Welt.
Das Yangze-Delta rund um Shanghai ist so etwas wie das Herz der globalen Wirtschaft. 140 Millionen Menschen leben hier auf 100000 Quadratkilometern, knapp 80 Prozent davon in Millionen-Städten wie Shanghai, Hangzhou, Ningbo, Suzhou. Wer in dieser Region lebt und einen Wochenend-Ausflug ins Grüne machen möchte, fliegt am besten. Sonst dauert es zu lange, die Ansammlung von Metropolen zu verlassen. Zehntausende von internationalen Unternehmen haben sich in den vergangenen 20 Jahren hier angesiedelt.
Damit die Produktion reibungslos funktioniert, müssen Waren mit dem Schiff zu den größten Container-Häfen der Welt nach Ningbo, Shanghai und Hangzhou gebracht, dort mit LKW zu den Fabriken in den Provinzen Zhejiang und Jiangsu gefahren. Die verarbeiteten Produkte wandern von dort in andere Landesteile, um Chinas konstant wachsenden Binnenmarkt zu versorgen, oder über die Häfen zurück in den globalen Wirtschaftskreislauf zurück gelangen.
Während des Shanghaier Lockdowns war der gesamte Warenverkehr stark eingeschränkt oder stand teilweise völlig still. Auf Grund der rigorosen Zero-Covid-Politik durfte Lastwagenfahrer die Landesgrenze nicht überqueren oder mussten sich zwei Wochen in strikte Quarantäne begeben.
Auch wenn der Export-Anteil an Chinas Wirtschaft zurückgegangen ist, verkauft das Land noch immer weit mehr Waren, als es einkauft. 2021 erzielte das Land sogar einen Rekord-Exportüberschuss. Zumindest teilweise ist der Partei gelungen, die sogenannten „Middle Income Trap“ zu vermeiden. So nennt man eine Phase der Stagnation, in die Schwellenländer oft nach anfänglich starken Wirtschaftswachstum fallen: Weil Bildung, Knowhow und Innovation nicht Schritt halten, können Schwellenländer zwar billig Kugelschreiber und Tshirts produzieren, ihnen gelingt aber nicht der Sprung auf höhere Glieder der Wertschöpfungskette. China aber hat diese Falle bisher gut umschifft: Chinesische Maschinen sind zwar noch nicht Highend, aber in vielen Märkten der Welt als günstigere Alternative zu westlichen Produkten gefragt.
Auch weil China in den vergangenen Jahren immer mehr Waren produzierte, und damit die globale Gütermenge anwuchs, konnten westliche Zentralbanken die Geldmenge ausweiten, ohne dass die Konsumentenpreisinflation stark anstieg. Vereinfacht gesagt: Weil Flipflops und Smartphones billiger wurden, fiel der Kaufkraftverlust eines Euro oder Dollar nicht so auf. Man sagt deswegen auch: China exportiert Deflation.
Mit einem 7-tägigen kostenlosen Probeabonnement weiterlesen
Abonnieren Sie BlingBling, um diesen Post weiterzulesen und Sie erhalten 7 Tage kostenlosen Zugang zum gesamten Post-Archiv.