Bukeles Wette
Ein ausführliches Makro-Deep-Dive in die Bitcoin-Investitionen von El Salvador - und ein simples Fazit
Bitcoin: 36453$
Gold: 1791$
Willkommen zur 56. Ausgabe von BlingBling!
Die besten Memes hat Bitcoin Twitter.
Der Präsident von El Salvador, Nayib Bukele, twitterte am 23. Januar ein Bild von sich in einer Mc-Donalds-Uniform. Das Meme geht auf Äußerungen von Bitcoin-Hatern zurück, die meinten, bald müssten die neureichen Crypto Bros wieder bei McDonalds arbeiten.
Am vergangenen Dienstag kam dann die Meldung, dass der Internationale Währungsfonds El Salvador warnt. Auch deutsche Medien wie der Spiegel nahmen die Meldung schnell auf, passt sie doch wunderbar ins Konzept des irren Crypto-Bros, der ein Land in den Ruin wirtschaftet:
In einer Mitteilung von Dienstag betonte der IWF-Vorstand, mit der Verwendung von Bitcoin seien große Risiken verbunden – für die Finanzstabilität, die finanzielle Integrität und den Verbraucherschutz sowie die damit verbundenen steuerlichen Eventualverbindlichkeiten.
Bukele dazu auf Twitter:



Humor hat Bukele. Nur ist der Bitcoin-Kurs tatsächlich in den vergangenen Tagen um 50 Prozent eingebrochen. Was bedeutet das für ein Land, das gerade erst vor ein paar Monaten Bitcoin zur offiziellen Landeswährung ernannt hat?
Es gibt mehrere Aspekte der Bitcoin-Investition. Zunächst mal hält die Regierung über einen eigens dafür eingerichteten Staatsfonds 1500 Bitcoin (Bukele hat übrigens gerade wieder nachgekauft). Wenn Bitcoin sich nun im Kurs halbiert, hat die Regierung von El Salvador auch weniger US-Dollar. In diesem Fall geht es einem Staat nicht anders als allen Hodlern und Coinern dieser Welt.
Ein Unterschied gibt es zwar schon: Schließlich handelt eine Regierung nicht mit ihrem eigenen Geld, sondern mit dem ihrer Bürger. Und wenn man als Bürger nicht damit einverstanden ist, dass eine Regierung Geld in ein volatiles Asset investiert, hat man im Fall von El Salvador Pech gehabt. Über den autoritären Führungsstil von Bukele hat BlingBling übrigens hier berichtet.
Ausgabe 54: Bitcoin, Bukele und große Egos
Gleichzeitig muss man im Falle von El Salvador auch sagen: Die wirtschaftliche Situation vieler Staaten der Region ist mies bis aussichtslos. Und Bukeles Gamble erscheint in einem anderen Licht, wenn man sich das klar macht. Genauso könnte man argumentieren: Ein kleines Land investiert in eine Zukunftstechnologie, deren Adoption nicht ganz reibungslos vor sich geht. Noch provokativer: Hätte El Salvador 2002 Glasfaser-Leitungen verlegt, hätten das manche Internet-Freaks für visionär, die meisten Menschen aber für völlig durchgeknallt gehalten.
El Salvador has bet on the future and intends to boost financial inclusivity in the country, given that 70% of the population does not have a bank account. One of the government’s main objectives is to promote investment from anywhere in the world, by decentralising financial systems and generating a more competitive rate for the receipt of remittances, which represent 16% of the country's GDP.
Aber die Bitcoin-Adoption von El Salvador hat noch andere Facetten: Bukele hat sogenannte “Volcano Bonds” in Höhe von einer Milliarde US-Dollar ausgeben. Bonds sind Staatsanleihen: Das heißt, eine Regierung leiht sich Geld von Anlegern und verspricht dieses verzinst zurückzuzahlen (die meisten Anleihen teilen sich in Coupon und Zinszahlungen: Die Zinsen erhält man jährlich und am Ende der Laufzeit den ursprünglichen Betrag). Die Volcano Bonds sind mit 6,5 Prozent verzinst - relativ viel Asche in der heutigen Niedrigzins-Welt, aber weitaus geringer als die 13,5 Prozent, die das Land an Zinsen zahlen muss, wenn sich El Salvador auf dem US-Dollar-Markt Geld leiht. Auch das also ein gutes Geschäft für Bukele.
Was aber macht El Salvador mit dem Geld? Mit der Hälfte sollen Bitcoins gekauft werden, die andere fließt in Bitcoin-Projekte im Land. Zu den geplanten Projekten gehört ein Geothermie-Kraftwerk, das zum Bitcoin-Mining genutzt werden soll. Das ist aber noch sehr klein und außerdem nicht rentabler. Außerdem soll das Geld in die sogenannte Bitcoin-City im Dreiländer-Eck mit Honduras und Guatemala.
Kritik daran gibt es eine Menge: Man fürchtet, dort könne eine steuerfreie Zone für superreiche Crypto-Bros entstehen, die dort auch noch die Raubbau an der Natur betreiben. Die meist arme Landbevölkerung hätte davon so gut wie keinen Nutzen. Fairerweise muss man sagen: Das ist das Worst-Case-Szenario.
Natürlich aber ist das die Crux von allen ausländischen Investitionen in Schwellenländern: Man hofft, dass das investierte Geld sich gut im Land verteilt und das Wirtschaftswachstum in seiner Gesamtheit stimuliert. Bleibt das an einer Stelle stecken, hat meist niemand so recht etwas davon - außer der Investor und die Regierung.





Das ist übrigens ein Kennzeichen von chinesischen Auslandsinvestitionen. Wenn Peking in armen Länder wie afrikanischen Staaten investiert, bleibt der einfachen Bevölkerung kaum etwas hängen. Stattdessen treffen tausende von chinesischen Wanderarbeitern ein, die in abgeschlossenen Camps leben und in Windeseile eine Zugstrecke oder Autobahn aus dem Boden stampfen. Auf der werden dann Rohstoffe abtransportiert, die die chinesische Wachstumsmaschine braucht. (Zum Verhältnis von El Salvador und China in einer der kommenden Ausgaben).
Und schließlich geht es Bukele wohl auch darum, sich unabhängiger von Internationalen Währungsfonds zu machen. Derzeit verhandelt das Land mit dem IWF um ein Kreditpaket in Höhe von 1,3 Milliarden US-Dollar. Kredite vom IWF aber sind gewöhnlich an Bedingungen geknüpft: Der IWF will dafür Liberalisierungen und Privatisierungen vom Empfänger-Land, um den Staat besser in die Weltwirtschaft zu integrieren. (Nicht alles an den IWF-Forderungen ist schlecht - das hängt auch immer vom wirtschaftspolitischen Standpunkt des Betrachters ab. Tatsache aber ist, dass gegen Geld auch ein Stück Souveränität abgegeben wird.) Holt sich Bukele das Geld von anderen Anlegern via Volvano Bonds, macht ihn das in seiner Politik unabhängiger. Verständlich, dass das dem IWF nicht so gefällt.
Zu guter Letzt erschien diese Woche auch noch ein Artikel von Kollegen Doomberg - der ist so etwas wie der neue Star am Financial-Substack-Himmel und hat als Erkennungszeichen ein grünes Huhn:
Like Saylor, Bukele has US dollar-denominated debt, but his situation is a little more urgent. In less than a year, El Salvador has a $800 million bond coming due, and it is currently priced in extremely distressed territory. When Bukele shocked the world with his adoption of bitcoin as legal tender in early June, that bond was priced to yield 6%. If an investor picked up the bond today and held it to maturity, they could expect a staggering 35% return – which says more about the risk of default than it does the attractiveness of the opportunity.
Doomberg meint, Bukele stehe unter enormen Druck, um in den kommenden Monaten eine Anleihe in Höhe von 800 Millionen US-Dollar zurückzuzahlen. Ihm bleiben demnach nur zwei Möglichkeiten: Schnell neues Fiat-Geld in Form von Volcano Bonds besorgen, oder die staatlichen Bitcoins zu verkaufen:
While he would like you to HODL, he literally can’t.
In einem Artikel vom Juni vergangenen Jahres vermutet Doomberg sogar, viele Crypto-Milliardäre würden El Salvador dazu nutzen, relativ einfach und unbemerkt ihre Bitcoins und Tether gegen US-Dollar zu tauschen.
By adopting Bitcoin as legal tender in El Salvador, Bukele is creating an off ramp from the crypto universe for up to $3B of hard US dollars.
BlingBling findet, dass das grüne Huhn Bitcoin, Tether und Crypto zu sehr vermischt. Natürlich kann eine Kurssturz Bukele (und Saylor) zum Verhängnis werden. Nur: Das gilt eben für alle volatilen Investments. Jetzt also zum Fazit.
Am Ende bleibt nicht so viel mehr übrig als Common Sense: Ja, Bukele geht mit seinen Bitcoin-Käufen ein Risiko ein. Ja, die Investitionen, die die Bitcoin-PR anzieht, können nur wenigen Reichen zu Gute kommen. Ja, theoretisch besteht die Gefahr eines Exit-Scams (Bukele setzt sich mit 1500 Bitcoins nach Kuba ab). Und ja, auch Tether spielt leider eine Rolle bei den Volcano-Bonds. Eine Art Bank Run auf Tether könne das System kollabieren lassen (BlingBling hat darüber immer wieder geschrieben: Ausgabe 41: Der letzte macht das Licht aus oder Ausgabe 48: “Wenn sie wollen, pumpen sie Bitcoin auf 100k”).
Gleichzeitig hat das grüne Huhn von Doomberg die Rechnung ohne die Hodl-Army gemacht. Wer Bitcoin nur als gigantische Vermögensmaschine sieht, glaubt schnell, ein Pyramidenspiel vor sich zu haben, das irgendwann kollabiert. Immer mehr Menschen aber sind von Bitcoin aus anderen Gründen überzeugt. Sie kaufen Bitcoin, weil sie an ein neues Geldsystem glauben - und der Preis ist ihnen erstmal gar nicht so wichtig.
Wem all das zu kompliziert war, der muss sich nur folgendes merken:
Wenn Bitcoin steigt, ist das gut. Wenn Bitcoin fällt, verlieren viele Leute viel Geld.
Ein schönes Wochenende!
PS: Bukele ist wirklich gut auf Twitter
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