"Bitcoin ist die einzige Hoffnung für die Freiheit"
Niko Jilch ist Finanzjournalist und Host des Podcasts "Was Bitcoin bringt". Mit BlingBling spricht er über Gold, Bitcoin und seinen Weg ins Rabbit Hole
Bitcoin: 30426$
Gold: 1865$
Willkommen zur 74. Ausgabe von BlingBling!
Noch vor wenigen Jahren war die Beschäftigung mit Bitcoin ein Nischenthema. Mittlerweile aber sprießen Podcasts und Publikationen aus dem Boden. Der Finanzjournalist Niko Jilch war einer der ersten deutschsprachigen Journalisten, die sich des Themas annahmen. Anfang dieses Jahres gründete Jilch seinen eigenen Kanal: WasBitcoinbringt


Niko, können wir zunächst mal über Deinen Werdegang sprechen - was hast Du in den vergangenen Jahren so gemacht?
Ich bin Finanzjournalist und seit Anfang des Jahres auch Youtuber und Podcaster. Der heißt „Was Bitcoin bringt“, außerdem habe ich vor kurzem auch einen Newslettter „Fix the Money“ gestartet.
Ich bin 39 Jahre alt, war acht Jahre lang in der Wirtschaftsredaktion von Die Presse und war dort vor allem für Geldpolitik zuständig. Anschließend war ich zwei Jahre bei der Agenda Austria und habe das weiter vertieft. Ich habe immer gewusst, dass ich unternehmerisch tätig sind will. Bitcoin war dann der Punkt, um es zu starten. Journalistisch beschäftige ich mich seit 2013 damit - war aber leider damals nicht investiert. Das sage ich immer, damit die Leute nicht denken, beim Jilch gebe es was zu holen. Erst 2020 war dann der Punkt, an dem ich wirklich ins Rabbit Hole gefallen bin. Mich faszinierte dann einerseits das englischsprachige Podcast-Universum und natürlich auch das, was sich im deutschsprachigen Raum so tut: Einundzwanzig-Podcast, Bitcoin-Verstehen, der Blocktrainer und natürlich BlingBling. Ein Augenöffner-Moment war auch die Bitcoin-Zitadelle in Leipzig im vergangenen Sommer. Jetzt sind wir gerade im Bären-Markt, aber das ist ja genau die Zeit, etwas aufzubauen.
Stichwort Gold: Wie kamst Du zu diesem Thema und was hat Dich daran fasziniert?
Entscheidend für mich war: Ich bin kein Investor oder Spekulant, der Investments empfiehlt. Für mich war klar, dass etwas mit unserem Geld nicht stimmt. 2007/2008 lebte ich ein Jahr in Argentinien und bekam mit, wie es ist, mit ständiger Inflation zu leben. Da wurden alle zwei Wochen die Speisekarten ausgewechselt. Außerdem hatte ich einen Onkel, der sein ganzes Leben lang Gold gekauft hatte, weil er sehr von den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts geprägt war.
Ich erinnere mich dann im Mai 2010, als ich gerade angefangen hatte, als Journalist zu arbeiten. Es war die Zeit der Griechenlandkrise und Angela Merkel stellte sich vor die Kameras und sagte: Machen Sie sich keine Sorgen, ihr Geld ist sicher! Und ich dachte mir: Wenn Politiker das sagen, ist Panik angesagt. Ich bin am nächsten Tag ziemlich naiv zur Bank gegangen und habe Gold gekauft. Die Bankberater lachten mich aus, aber das war kein schlechtes Investment. Auf jeden Fall habe ich dann begonnen, mich auch beruflich damit auseinanderzusetzen. So landete ich bei Ludwig von Mises und Friedrich Hayek und lernte mehr über die Österreichische Schule. Und irgendwann kam dann Bitcoin. Wir können uns mit Bitcoin etwas Freiheit schaffen zumindest für eine kurze Zeit.
Bei den meisten Bitcoinern verläuft die Entwicklung ja andersherum - erst über die Beschäftigung mit Bitcoin erwächst ein tieferes Verständnis von Geld und dann auch Gold. Du hattest eine direkte Inflationserfahrung in Argentinien, kamst dann zu Gold und schließlich zu Bitcoin.
Genau deswegen habe ich auch lange gebraucht, um es zu verstehen - obwohl ich einer der ersten deutschsprachigen Journalisten, die darüber geschrieben haben. Aber ich geriet in die übliche Falle: Ich achtete zu viel auf die täglichen Preisschwankungen. Wenn die Kurse fallen, sinkt auch das Interesse. Genau in dieser Phase aber sollte man sein Verständnis vertiefen. Ich kaufte 2013 0,5 Bitcoin für, ich glaube 700 Euro, und machte erstmal 50 Prozent Verlust. Dabei kannte ich damals auch schon Menschen, die nicht in den Urlaub fuhren und sich keine neuen Möbel kauften, weil sie jeden Cent in Bitcoin investierten. Mitte 2017 war dann der ICO-Hype und plötzlich meldeten sich junge Leute bei mir und fragten, ob ich nicht mal über Crypto schreiben könne. Das war insofern interessant, weil Leute unter 30 sich normalerweise nicht für die Wirtschaft interessieren. Das war der Blockchain-Hype. Anschließend schrieben alle „Bitcoin ist tot“, und darauf folgte Desinteresse. Scams flogen auf - ich beschäftigte mich damals viel mit Optioment, wo viel Anlegergeld gestohlen wurde.
Auch das ist eine Parallele zu heute. Ob nun Terra/Luna ein Scam war oder nicht - wenn das Wasser sinkt, sieht man, wer keine Hosen anhat.
Oft sind diese Scams einfach gut versteckt hinter irgendwelchen Bullshit-Stories. Das gibt es leider nach wie vor massenhaft.


Nochmals eine Frage zu Gold: Goldbugs und Bitcoin-Maximalisten stehen sich oft sehr feindlich gegenüber. Dabei teilen sie ja die Analyse des aktuellen Finanzsystems. Wie ist das bei Dir? Siehst Du Dich als Brücke?
Nick Carter sagte vor kurzem Mal: “The more I learn about Bitcoin, the more I Understand Gold. The more I learn about Gold, the more I appreciate Bitcoin.”


Sehr salomonisch.
Ja, das ist es. Peter Schiff zum Beispiel ist ein Gold-Händler, er verkauft Gold. Ich glaube, er hatet vor allem aus Marketing-Gründen.

Und die Bitcoin-Maxis lassen sich eben auch gerne triggern. Schiff hat ja auch viele gute Argumente. Andere aber sind festgefahren oder „salty“, weil sie dachten, dass Gold auf 20000 US-Dollar steigt. Ich bin aufgrund meiner Historie viel in Kontakt mit Oldschool-Liberalen. Die zeichnen sich auch dadurch aus, dass sie in gewisser Weise aufgegeben haben, sich in ihrer Opferrolle suhlen und jetzt einen Zug verpasst haben. In ihrer Analyse des Geldsystems hatten sie Recht, bloß stieg dann eben Bitcoin auf 20k, und nicht Gold. Aber Gold hat auch einen Platz in meinem Depot. Man schläft damit sehr gut, weil es eben nicht so volatil nicht. Gold ist auch kein „shiny rock“, sondern ein Edelmetall. Aber am Ende des Tages hat Bitcoin eben Vorteile wie Netzwerkeffekte. Auch die Zentralisierung bei Gold ist ein Problem.
Wie würdest Du die Gemeinsamkeiten zwischen Gold-Bugs und Bitcoinern beschreiben? Beide bilden ja in ihrem Preis ja in gewisser Weise die Fiat-Geldmenge ab und beide haben kein sogenanntes Counterparty-Risk, das heißt, es gibt kein Insolvenzrisiko der Gegenseite.
Was beide von Fiat-Währungen unterscheidet, ist dass es sich um „Vollgeld“ handelt. Vergleichbar ist es mit Bargeld mit dem Unterschied, dass es knapp ist. Die Nachteile von Gold entstehen bei der Lagerung. Dabei ist man meistens doch auf eine Entität wie eine Bank angewiesen, und daraus entsteht eine Zentralisierung. Das ist erst bei Bitcoin anders. Die wenigsten Gold-Fans verstehen, dass aufgrund der Zentralisierung auch der Goldstandard keine gute Idee ist.
Weil Goldreserven früher oder später zentralisiert werden und der Staat darauf basierend Papiergeld ausgibt, das dann wieder inflationiert wird.
Genau. Und dann hebt die Regierung irgendwann den Goldstandard wieder auf. Wer also für eine Wiedereinführung eines Goldstandards plädiert, sagt eigentlich: Bitte, liebe Regierung, nimm mir mein Geld weg, oder führ zumindest eine Preisbindung ein - denn auch das ist nichts anderes als ein Goldstandard.
Die Einführung des Euro hat den Goldhandel übrigens stark liberalisiert. Das liegt daran, dass hier ein relativ freier Markt entstand und der Euro auch eine nicht zu unterschätzende Gold-Komponente hat. Was passierte? Der Goldpreis stieg stark. Die Notenbanken sorgten sogar dafür, in dem sie dem Markt signalisierten, weniger Gold zu verkaufen. Gold ist bis heute demonetarisiert, und ich glaube, dass das eine gute Entwicklung ist. Natürlich ist Gold bis heute - wie bei Bitcoin übrigens auch - ein „spekulatives Sparinvestment“.
Beide haben eine ähnliche Rolle im Finanzsystem und Vertreter beider Seiten kommen zu einer ähnlichen Diagnose, was den Zustand des Systems angeht. Bitcoin hat eben den Vorteil, dass es leicht zu transportieren und kaum zu zentralisieren ist.
Beides sind Entdeckungen des Marktes. Natürlich wurde Bitcoin erfunden, aber der Markt hat eine Funktion darin gesehen. Gold ist ein Rohstoff, Bitcoin nicht. In gewisser Weise verbindet Bitcoin die Vorteile von Gold und Fiat: Es ist knapp und hat den Aspekt der „Self-Custody“. Aber Bitcoin entzieht der Wirtschaft nichts.
Energie könnte man sagen.
Bei der Herstellung, aber nicht durch Investition. Natürlich erfordert eine Währung eine Energie-Deckung, so ist es auch beim Petro-Dollar. Aber man sollte nicht vergessen, dass tendenziell Bitcoin-Miner nur Energie nutzen, die anderswo nicht benötigt wird. Ja, Bitcoin braucht viel Energie. Aber zum einen ist das weniger, als man glaubt, und vor allem ist es Energie, die sonst gar nicht erzeugt worden wäre.
Du hattest vor einiger Zeit Luke Gromen zu Gast. Darin geht es auch um den aktuellen Zustand des Finanzsystem und einer Art Zeitenwende: Die Inflation ist gerade sprunghaft angestiegen, die Zinsen steigen auch an, und dem Gesamtmarkt wird Liquidität entzogen. Was erwartest Du in den kommenden Monaten und Jahren?
Luke Gromen ist tatsächlich sehr interessant und wir haben ähnliche Rabbit-Holes besucht. Das Problem bei Fiat ist, wenn es keine Checks&Balances mehr gibt. Die ultimative Regulierung ist die Hyperinflation, aber das ist natürlich eine sehr schmerzhafte Erfahrung für die meisten. Ich glaube, dass man die Geschichte auch in Phasen von weichem und sehr hartem Geld unterteilen kann, und dass dieses Pendel nun zurückschwingt in Richtung hartes Geld. Vermutlich werden wir uns wieder mehr auf reale Dinge konzentrieren: Rohstoffe, Gold und in gewisser Weise auch Bitcoin. Ich glaube, dass Bitcoin aber von unten nach oben adaptiert wird. Es muss sich erst noch beweisen. Es wird Versuche geben, Bitcoin zu verbieten. Und das ist gut so: Es soll in der Lage sein, diese Attacken abzuwehren. Wir sehen das ja aktuelle: Solana oder Terra/Luna sind nicht die Basis für ein neues Geldsystem. Ein neuer Goldstandard wird auch nicht kommen. Bitcoin aber ist in der Lage, viele Dinge besser zu machen. Und dann gibt es Leute - immer nur aus dem reichen Westen - die jeden Tag auf Bitcoin haten, und es Milliarden von Menschen in ärmeren Regionen unter schlechten Geld und schlechten Regierungen leiden.
Eine bearishe Prognose, und die soll Deiner Analyse gar nicht widersprechen: Wenn den Gesamtmärkten jetzt Liquidität entzogen wird, wird auch Bitcoin im Kurs fallen?
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