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"Bitcoin hat das Potenzial zum digitalen Gold zu werden"
Unangenehme Zeiten an der Börse - Bitcoin aber hält sich gut. Einige Zahlen deuten sogar daraufhin, dass es bald aufwärts geht. On-Chain-Analyst und Volkswirtschaftler Jan Wüstenfeld im Interview
Bitcoin: 39578$
Gold: 1914$
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Einzigartig an Bitcoin ist nicht nur seine begrenzte Menge, sondern auch das transparente Buchhaltungssystem, auf dem alle Transaktionen öffentlich sind. Weil diese Bewegungen einsehbar sind, lassen sich daraus auch Schlüsse ziehen. On-Chain-Analyse heißt diese Methode. Jan Wüstenfeld, zuletzt zu Gast bei BlingBling vor etwa einem Jahr, verbindet diese Methode mit volkswirtschaftlichen Makro-Daten.


Du bist Ökonom und On-Chain-Analyst. Verbindest Du Deine volkswirtschaftlichen Kenntnisse mit der On-Chain-Analyse? Oder sind das zwei Dinge, die sich kaum berühren?
Doch, ich mag es gerne, den Bezug zu Makro-Daten von anderen Märkten zum Bitcoin-Space herzustellen. Die Entwicklungen dort haben einen Effekt auf die Crypto-Märkte.
Kann man sagen, dass Makro-Daten langfristig etwas über das Geschehen aussagen, während die On-Chain-Analyse auf die Mikro-Ebene zoomt?
Eher umgekehrt. Natürlich kann man die On-Chain-Analyse auch für kurzfristige Stimmungsbilder nutzen, im Prinzip aber schauen wir da eher fundamental auf das Netzwerk: Wer kauft und hält wie lange Bitcoins? Fangen Langzeit-Hodler an zu verkaufen? Das sind eher lang- bis mittelfristige Auswirkungen. Die Zinsentscheidungen von Zentralbanken haben dagegen eher einen unmittelbaren Effekt auf die Märkte.
In gewisser Weise füllst Du ja eine Lücke, da Bitcoiner oft nicht so viel von Makroökonomie verstehen, und Volkswirte kaum Ahnung von Bitcoin haben. Kannst Du mal grundsätzlich erklären, was Zinserhöhungen und QE mit dem Bitcoin-Kurs zu tun haben?
Seit der letzten Finanzkrise haben wir historisch lockere Geldbedingungen: Die Zinsen waren extrem niedrig, teilweise wurden auch Staatsanleihen aufgekauft. Unglaublich viel Liquidität traf auf den Markt. Das führte dazu, dass viele Assets im Preis stiegen. Natürlich kamen auch Teile davon in der Realwirtschaft an, aber ein Teil des Geldes führte eben dazu, dass Vermögenswerte stiegen. Davon profitierte auch Bitcoin. Wenn jetzt die amerikanische Zentralbank anfängt, Liquidität aus den Märkten zu ziehen, also die Zinsen anhebt und die Anleihenkäufe beendet, führt das dazu, dass zumindest die Gewinne auf den Aktienmärkten geringer ausfallen werden. Und zur Zeit korreliert der Bitcoin-Preis einfach sehr eng mit den Finanzmärkten. Wenn die Aktienkurse in der Breite sinken, kann sich Bitcoin diesem Sog gewöhnlich auch nicht entziehen.
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Ein Bitcoin-Narrativ, das wir an dieser Stelle gar nicht anzweifeln wollen, ist ja, dass Bitcoin sich zum sicheren Hafen, zum digitalen Gold entwickeln wird. Man muss nur sagen: Derzeit sind wir noch nicht so weit. Der Bitcoin-Kurs ist vor allem eng mit Tech-Werten und der Nasdaq korreliert.
Zum digitalen Gold zu werden, ist das große Potenzial, das in Bitcoin steckt. Aber diejenigen, die gerade den Preis kontrollieren, sehen Bitcoin eher als High-Risk-Asset. Die Korrelation zu Tech-Werten liegt bei rund 90 Prozent.



Und es sieht ja nicht besonders gut aus. Die FED hat die Zinsen schon angehoben und noch acht Zinserhöhungen angekündigt. Jetzt wird nur noch darüber gerätselt, ob sie sich auch daran halten.
Das muss man so sagen, ja. Es hängt davon ab, wie stark sie tatsächlich die Zinsen erhöht. Und es ist durchaus möglich, dass es noch weiter nach unten geht.
Warum macht die EZB da eigentlich nicht mit?
Nach 2008 hatten wir in Europa eine Staatsschuldenkrise, wo die hoch verschuldeten Länder Südeuropas große Probleme hatten. Die Märkte wetteten darauf, dass die Union zerbricht, was die Zinsen für Staatsanleihen nochmals in die Höhe trieb. Das führte dann zu der berühmten Rede von Draghi, in der er sagte „Wir werden alles tun, um den Euro zu retten“. Bis heute hat die EZB Angst davor, mit Zinserhöhungen eine neue Staatsschuldenkrise auszulösen. Die indirekte Finanzierung der Euro-Staaten scheint eine höhere Priorität zu haben, als die Inflation zu bekämpfen.


Man ist dazu gezwungen, die Zinsen niedrig zu halten, um das politische Projekt EU am Leben zu erhalten.
Ja, für die betroffenen Staaten wäre es mit höheren Zinsen schwierig, sich an den Kapitalmärkten zu verschulden. Das gefährdet den Euro an sich und das wiederum ist gefährlich für das politische Projekt.
Lieferketten-Probleme, Krieg, teurere Rohstoffe und Zinserhöhungen - ist das nicht eigentlich ein unglaublich schlechtes Umfeld für die kommenden Monate?
Generell müssen wir uns auf höhere Preise einstellen. Gewisse Produkte werden auch schwerer erhältlich sein. Zum Beispiel sind vielleicht gewisse Handy-Modelle nicht mehr verfügbar, wie schon im vergangenen Jahr. Global werden steigende Lebensmittelpreise ein großes Problem. In den Entwicklungsländern wird das für viele existenziell werden. Man sieht das in Ansätzen jetzt schon - Unruhen in Peru und in Sri Lanka, die auch mit hohen Lebensmittelpreisen zu tun haben.


In Deutschland gibt es keine Gründe zu Preppen?
Es klingt nicht nett, aber im Endeffekt haben wir in Europa noch immer die finanziellen Mittel, um Lebensmittel und Rohstoffe zu kaufen. In Entwicklungs- und Schwellenländern aber wird das schwierig werden.
Kannst Du für Neulinge mal kurz erklären, was die On-Chain-Analyse macht?
Die Blockchain ist eine einzigartige Datenquelle, da jede Transaktion einsehbar und dokumentiert ist. Und diese Daten lassen sich analysieren. Zum Beispiel sehen wir, wie viele Bitcoins seit mindestens einem Jahr nicht mehr bewegt wurden. Da gab es gerade ein neues Allttime-High: 64 Prozent aller Coins wurden seit einem Jahr nicht mehr bewegt. Das deutet daraufhin, dass die Langzeit-Halter mehr werden.
Das ist eine sehr positive Entwicklung, weil weniger Bitcoins zum Verkauf stehen. Allerdings sagt uns das noch nichts über die Nachfrage-Seite. Wenn keine neuen Käufer auftauchen, ändert sich am Kurs nichts .
Vor einem Jahr gab es ganz andere Fantasien: Von 100000 Dollar war die Rede und noch mehr. Plan B’s Stock-2-Flow-Modell geisterte überall herum. Das fehlt jetzt.
Ja, auch die Google-Suchanfragen sind ziemlich weit unten. Was ich mir auch angeschaut habe: Wie viele Bitcoins werden zu Börsen geschickt und umgekehrt. Auch diese Zahlen sind niedrig. Das zeigt, dass Privatinvestoren derzeit nicht besonders aktiv sind, während die Langzeit-Hodler langsam einkaufen.
Sind wir also im klassischen Vier-Jahres-Zyklus in der Akkumulationsphase?
Ja, irgendetwas zwischen Akkumulation-, Mini-Bär- und Bären-Markt.
Was würde Dich sicher machen, dass wir in einem Bären-Markt sind?
Vermutlich werden wir es erst im Nachhinein wissen. Wir befinden uns derzeit in einem Seitwärtsmarkt, die Entscheidung ist noch nicht gefallen.
Was sind die wichtigsten Indikatoren bei der Onchain-Analyse? Und was kann man theoretisch auch selbst sehen?
Ein Chart, den ich auf jeden Fall empfehlen kann, ist der Hodl-Wave-Chart. Da sieht man, wieviele Bitcoin in einem bestimmten Zeitraum bewegt wurden - zum Beispiel innerhalb des letzten Jahres. Da sieht man einfach, ob mehr Coins gehalten werden oder mehr Bewegung rein kommt. Der ist relativ einfach zu verstehen und erhält viel Informationen. Man kann das kostenlos auf Checkonchain nachschauen.
Gibt es noch mehr?
Ansonsten sind die Exchange-Flows interessant: Wie viele Bitcoins liegen auf den Börsen? Das muss man allerdings mit Vorsicht genießen. Da kann es passieren, dass interne Transfers auftauchen. Das ist es wichtiger, den Langfrist-Trend zu beobachten.
Welche Infos geben Dir kostenpflichtige Dienste wie Glassnode?
Das sind zum Beispiel Exchange-Flows - Daten, die man nicht einfach aus der Blockchain zu lesen kann. Das sind komplexere Heuristiken. Zum Beispiel kann es auch sein, dass eine Wallet mehrere Holder hat und umgekehrt. Anbieter wie Cryptoquant und Glassnode versuchen, solche Daten auszulesen.
Jan Wüstenfeld gibt seit kurzem auch seinen eigenen Newsletter heraus. Ansonsten lohnt es, sich ihm auf Twitter zu folgen.


Ein schönes Wochenende!
PS:
Nach El Salvador hat anscheinend ein zweites Land Bitcoin zur offiziellen Währung erklärt. Bald mehr!


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