Bedrohte Freiheit
Eine Sonderausgabe mit Gedanken zur chinesischen Technokratie, dem digitalen Alptraum in Xinjiang und auf welchen gefährlichen Weg uns eine Impfpflicht führen kann
Liebe BlingBling-Leser,
ein paar Worte vorab zu dieser Sonderausgabe: Corona, Impfungen und Pandemien sind eigentlich nicht Thema dieses Newsletter. BlingBling aber dreht sich neben Bitcoin und Geld auch um Freiheit. Und BlingBling findet, dass unsere Freiheit derzeit bedroht ist.
Dieser Text richtet sich auch nicht gegen Impfungen im Allgemeinen, oder Corona-Impfungen im Speziellen. Lassen Sie sich bitte impfen, wenn Sie das für richtig halten!
Dieser Text soll ein besseres Verständnis dafür geben, was geschieht, wenn wir die Entscheidungsfreiheit über den eigenen Körper dem Kollektiv opfern. Es geht darum, davor zu warnen, wohin uns diese Art zu denken führen kann. Dieser Text bittet seine Leser darum, wachsam zu bleiben. Er warnt deswegen eindringlich vor einer Impfpflicht.
Ich habe in den vergangenen Monaten an einem Buch über die Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang gearbeitet. Es wird am 13. Januar 2022 erscheinen. Bei der Recherche fielen mir immer Parallelen auf, oder besser gesagt Analogien, so als spiegele sich das Kleine im Großen, das Große im Kleinen. Dieser Artikel ist zum Teil ein Auszug meines Buches “Ein Volk verschwindet - wie wir China beim Völkermord an den Uiguren zuschauen”, und er ist angereichert mit ein paar Gedanken zu der aktuellen Situation.
Nun aber zum Text, der leicht verändert am Wochenende auch in der Berliner Zeitung erschienen ist.
Die Pandemie war und ist für die kommunistische Partei Chinas eine ausgezeichnete Gelegenheit, ihr autoritäres Gesellschaftsmodell in die Welt zu exportieren. Das wochenlange Einschließen von Millionen von Menschen in Wuhan wurde als „Lockdown“ global bekannt und angewendet. Health-Code-Apps, die die Bewegungen von Menschen kontrollieren, existieren ebenfalls bereits in zahlreichen Ländern. Und das Recht, frei über den eigenen Körper entscheiden zu können, wird gerade in Form einer Impfpflicht geschliffen. Wohin diese Art zu denken, die Freiheit des Individuums systematisch dem Wohl des Kollektivs unterzuordnen, im Extremfall führen kann, zeigen die Ereignisse der vergangenen Jahre in Xinjiang.
Für das Volk der Uiguren hat sich ihre Heimat, die nordwest-chinesische Provinz Xinjiang, in den vergangenen Jahren in einen digitalen Alptraum verwandelt. Rund 1,5 Millionen Menschen, meist moslemischen Glaubens, haben in den vergangenen Jahren ein Lagersystem durchlaufen, das die Überlebenden schwer traumatisiert verlassen.
Nur den wenigsten gelingt es, nach dieser Tortur ins Ausland zu emigrieren. Zuvor werden sie eingeschüchtert und bedroht: Wer über die Geschehnisse spricht, riskiert das Leben seiner Familienangehörigen. Trotzdem finden immer wieder Menschen den Mut, damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Wer sich eingehender mit den Zuständen in den Lagern beschäftigen möchte, findet die umfangreichste Sammlung von Berichten Überlebender auf der Website www.uyghurtribunal.com. Das Tribunal ist der bisher umfangreichste Versuch, die Menschenrechtsverbrechen in Xinjiang zu dokumentieren und aufzuarbeiten. (Man sollte die Berichte allerdings in einer emotional stabilen Verfassung lesen). Nur so viel: Alle Überlebenden erzählen von Folter und Gehirnwäsche. Sie alle verbrachten Monate in winzigen Zellen ohne die einfachsten hygienischen Standards. Fast alle Frauen berichten von Zwangssterilisierungen, viele auch von Massenvergewaltigungen. Immer wieder wurden ihnen - Männer wie Frauen - Injektionen verabreicht, angeblich um sie gegen die Grippe zu schützen. Was es mit den Substanzen wirklich auf sich hat, erfahren die Gefangenen nie. Wahrscheinlich hatte man sie als Versuchskaninchen für Medikamente benutzt.
Wer den monatelangen Alptraum überlebt, findet sich im größten Freiluftgefängnis der Welt wieder: Apps überwachen die jetzt „deradikalisierten“ Menschen bei jedem Schritt. Kameras mit Gesichtserkennungssoftware schlagen sofort Alarm, wenn jemand eine Busreise antritt, die vorher nicht genehmigt war. Verdächtige Chat-Verläufe, in denen zum Beispiel das Wort „Allah“ vorkommt, werden überwacht und umgehend gemeldet.
Wie aber konnte es überhaupt zu diesen Verbrechen kommen? Wie denken die Erschaffer dieses Systems? Welches Weltbild treibt sie an? Diese Fragen werden für eine freie Gesellschaften immer bedeutender werden. Freiheit nämlich ist anders als Zwang leider nicht expansiv. Sie muss ständig verteidigt werden - und wir sollten wissen gegen was.
Die derzeitige Kampagne für eine Impfpflicht scheint natürlich vom digitalen Totalitarismus chinesischer Prägung meilenweit entfernt - und doch zeigt sie gewisse Parallelen und Analogien, und es hilft, diese bei der aktuellen Debatte nicht aus den Augen zu verlieren.
Die Uiguren sind ein moslemisches Turkvolk von etwa 15 Millionen, das seit Jahrhunderten das Tarim-Becken bewohnt. Seit 1949 ist die Region offiziell ein Teil der Volksrepublik. Unmittelbar nach der Eingliederung der Region begann Peking aktiv, Han-Chinesen in der Region anzusiedeln. In den folgenden Jahrzehnten kam es deswegen immer wieder zu Aufständen und Unruhen.
2014 besuchte der amtierende Präsident Xi Jinping die Region, um sich selbst ein Bild der Lage zu machen. Die Rede, die Xi dann hielt, macht deutlich, was er als Ursache des Problems sah: nicht die Diskriminierung der Minderheit oder die Wünsche nach mehr kultureller Autonomie der Uiguren, sondern eine „nicht optimale Bevölkerungszusammensetzung“. Xinjiang müsse von »Bevölkerungen minderer Qualität und von Menschen mit negativer Energie gesäubert werden«.
Ein stellvertretender Parteisekretär meinte dazu: »Das Problem im Süden Xinjiangs ist hauptsächlich die unausgewogene Bevölkerungsstruktur. Bevölkerungsanteil und Bevölkerungssicherheit sind wichtige Grundlagen für langfristigen Frieden und Stabilität. Der Anteil der Han-Bevölkerung im Süden ist mit weniger als 15 Prozent zu gering. Das demographische Ungleichgewicht ist das Kernproblem.«
Dabei ist es keine neue Entwicklung, dass Peking die Situation in der Provinz und die seiner Bevölkerung gestalten will. Seit Gründung der Volksrepublik 1949 betreibt Peking in Xinjiang eine aktive Siedlungspolitik, bei der Jahrzehnte lang Han-chinesische Siedler mit Anreizen in die Region gelockt wurden. 1949 waren 6,7 Prozent der Bevölkerung Han-chinesisch. Bis 1978 war dieser Teil auf 41 Prozent angewachsen. Dieses Wachstum aber stagnierte in den kommenden Jahren.
Allerdings wurde den Planern in Peking relativ schnell klar, dass die permanente Ansiedlung von Han-Chinesen langfristig nicht das erwünschte Ergebnis erzielen würde. Xinjiang galt und gilt trotz zahlreicher Werbekampagnen als kein erstrebenswerter Wohnort. So beschloss man, Millionen uigurischer Geburten zu verhindern. Das ist der Hintergrund der massenhaften Zwangssterilisierungen, die ab 2015 einsetzten. Allein 2019 sollen 34 Prozent aller uigurischen Frauen auf dem Land sterilisiert worden sein. Zeitgleich wurden Ehen zwischen Han-Männern und uigurischen Frauen propagiert. Diese Art der »Bevölkerungsoptimierung« ist aus chinesischer Sicht ein Erfolg: Die Geburtenraten der Uiguren fallen seit 2017.
Was sich hinter dem euphemistischen Begriff »Bevölkerungsoptimierung« verbirgt, hat in China eine lange Tradition. 1979 führte Deng Xiaoping die Ein-Kind-Politik ein, die ab 1980 auch immer strenger gehandhabt wurde. Noch bis vor wenigen Jahren kam es in ländlichen Gebieten zu Zwangssterilisierungen und Abtreibungen, weil ein Paar ein zweites oder drittes Kind bekam.
Die übrigen Uiguren müssten „deradikalisiert und von extremistischen Gedanken gereinigt werden“.Dafür schuf das Regime ab 2014 ein gewaltiges System von „Umerziehungs“- oder „Ausbildungslagern“, das Millionen von Uiguren durchlaufen müssen. In der Meinung der kommunistischen Partei Chinas sind extremistische Gedanken ein „Virus“. Wer seine Verbreitung nicht eindämmt, riskiert, dass es immer weiter um sich greift, und den gesamten Volkskörper vergiftet.
Die in Xinjiang massenhaft getestete Überwachungstechnologie findet nun auch im Rest des Landes Anwendung: Kameras mit Gesichtserkennungs-Software melden Verkehrssünder. Das sogenannte Social-Credit-System vergibt Punkte für gutes Verhalten. Der „Health-Code“ soll sicher stellen, dass man keinen Kontakt zu Infizierten hatte. (Noch bezieht sich Infektion auf das Corona-Virus). Alles zum Wohle des Kollektivs versteht sich.




Die individuelle Freiheit ist kein Wert an sich, auf den die Politik reagiert, und der mäßigend auf Machbarkeitsphantasien einwirkt. Der Blick auf die eigene Bevölkerung entspricht nicht dem eines gewählten Repräsentanten zu mündigen, gleichgestellten Bürgern. Er ähnelt eher dem eines Viehzüchters auf die eigene Herde: Deren Zusammensetzung soll verändert, optimiert und gesteuert werden.
Basales Element der Volksrepublik war nie das Recht auf körperliche Unversehrtheit geschweige denn Entscheidungshoheit über den eigenen Körper. Im Vordergrund steht immer das Kollektiv - gelenkt und geleitet von einer kleinen Klasse von Kadern. Diese Denke ermöglichte erst den Alptraum, den derzeit Millionen von Uiguren erleiden müssen.
Wir sind in der EU zum Glück meilenweit von diesen Zuständen entfernt. Doch durch die zahlreichen Grundrechtseinschränkungen während der Pandemie haben wir uns einige Meter in diese Richtung bewegt. Eine Impfpflicht wäre ein trauriger Höhepunkt. Wer die persönliche Entscheidung über den eigenen Körper dem Wohl des Kollektivs opfert, öffnet die Tore zu Hölle. Seien wir deswegen besonders wachsam, bei jedem Schritt, der unsere Freiheit einschränkt.
Danke, lieber Leser, dass Sie durchgehalten haben. Falls Sie in dieser so aufgeheizten Debatte nun mit dem Gedanken spielen, Ihr Abo zu kündigen, oder einen Leserbrief schreiben möchten, weshalb Sie kein Verständnis mehr für Impfgegner haben, halten Sie inne. Am Freitag geht es wieder über Bitcoin. Versprochen.
Die Impfpflicht wird wahrscheinlich mittels Bußgeldern durchgesetzt. So ist es aktuell bereits bei der Masernimpfung. So war es lange bei der Pockenimpfung (in der DDR wie auch in der BRD). Wir werden einen ziemlich hohen Durchimpfungsgrad brauchen um die Coronapandemie einzudämmen und in der Lage zu sein, mit dem Virus zu leben ohne dass Infektionswellen unsere Gesellschaft immer wieder lähmen. Das haben nicht wir Ärzte uns ausgedacht. Das ist leider die Biologie dieses Erregers. Jeder der nicht grundsätzlich die Existenz der Covid 19 Viren leugnet muss wissen: wer in unserer Gesellschaft, mit vielen meist ja sehr angenehmen Kontakten lebt, wird an einer Infektion mit Covid-19 nicht vorbeikommen. Ist er geimpft, wird er zumindest höchstwahrscheinlich nicht schwer erkranken und dazu beitragen, dass die Ausbreitung von Covid 19 in einer für uns tragbaren Weise geschieht. Ist er nicht geimpft so hat er ein gewisses Risiko für eine schwere Erkrankung. Die kurzfristigen Risiken und Nebenwirkungen der Covid-19 Infektion sind hinlänglich bekannt (von leichten Symptomen bis Lungenversagen), über die Langzeitfolgen wissen wir wenig (Long Covid und PIMS sind noch zu wenig erforscht) bis nichts. Hier gibt es keinen prinzipiellen Unterschied zur Impfung, wenngleich es hier kein Long Covid o.ä. zu geben scheint. Auch bei den heute verwendeten Impfungen sind die kurzfristigen Risiken und Nebenwirkungen bekannt (Schmerzen an der Einstichstelle bis Hirnvenenthrombose) und über die Langzeitfolgen wissen wir wenig bis nichts. Der Unterschied liegt einzig in der Häufigkeit des Auftretens der kurzfristigen Nebenwirkungen und der Schwere dieser Nebenwirkungen. Ob Virusinfektion oder Impfung überhaupt Langzeitfolgen haben wissen wir heute nicht.
Vielen Dank für den Hinweis am Ende Ihres Artikels. Tatsächlich hatte ich kurz mit dem Gedanken gespielt mein Abo zu kündigen aber das ist natürlich quatsch. Es wäre sicherlich falsch in dieser überhitzten Debatte mit Überreaktionen auf andere Meinungen zu reagieren. Das hilft niemandem. So wenig wie überzogene Vergleiche in dieser Situation helfen. Eine Impfpflicht ist vermutlich nur bedingt mit Massenvergewaltigungen und einem Gulag System gleichzusetzen und verhöhnt gleichzeitig die Opfer für die Sie eigentlich als eine der wenigen Stimmen im Lande eine Lanze brechen. Bei einer Impfpflicht wird niemand abgeführt, dann seiner Kleider entledigt, dann geimpft und dann wider auf die Strasse geworfen. Bitte suggerieren sie so etwas nicht. Es ist schlicht falsch und dass wissen Sie auch. Ich glaube, dass wir nur dieser Situation Herr werden, wenn jeder seiner Verantwortung als Bürger nachkommt. Ja, das dafür eine Verpflichtung notwenig zu sein scheint nervt mich auch. Ich habe aber keine bessere Lösung. Haben Sie eine?
Mit freundlichen Grüßen
GE